rohschnitt: „Bild“ und ihre Hilfstruppen
Elf deutsche Chefredakteure hat die Bild-Zeitung um sich versammelt, um die Strafanzeige von SPD- Generalsekretär Franz Müntefering gegen das Blatt wegen dessen Berichterstattung in der Bonusmeilen-Affäre zu kritisieren.
Müntefering hatte am Freitag in seiner Eigenschaft als SPD- Bundestagsabgeordneter Strafanzeige gegen die Chefredaktion der Bild, den Bund der Steuerzahler sowie Axel Müller, Mitarbeiter der FDP-Landtagsfraktion in Düsseldorf, gestellt. Er begründete seinen Schritt unter anderem mit dem Verdacht des Ausspähens von Daten und des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz. Die Bild-Zeitung hatte seit Tagen über die Nutzung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen für private Flüge durch einzelne Bundestagsabgeordnete berichtet. Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust sagte der Bild: „Die Affäre ist peinlich genug. Wenn Politiker in ihrer Wahlkampfpanik jetzt zum juristischen Amoklauf ansetzen oder gar mit neuen Gesetzen gegen die Unabhängigkeit der Presse vorgehen wollen, wird aus der Posse ein ernstes politisches Problem.“
Focus-Chefredakteur Helmut Markwort nannte die Strafanzeige Münteferings „dreist“. Ohne die Veröffentlichungen von Bild würden viele Abgeordnete und ihr Anhang „auch weiterhin mit geschnorrten Meilen durch die Welt fliegen“. Der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Frank Schirrmacher, erklärte: „Nach dem Erdbeben schlägt man auf den Seismografen ein.“
Die Stern-Chefredakteure Thomas Osterkorn und Andreas Petzold warfen Müntefering „ein merkwürdiges Demokratieverständnis“ vor. Der Chefredakteur des Berliner Tagesspiegels, Giovanni di Lorenzo, sagte: „Die Bloßstellung von Freiflügen ist kein Abgrund von Landesverrat.“ Der Chefredakteur der ARD-Anstalt Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), Wolfgang Kenntemich, warf Müntefering einen „zornigen Angriff“ auf die Pressefreiheit vor.
Sat.1-Chef Jörg Howe nannte das Vorgehen Münteferings einen „billigen und durchsichtigen Einschüchterungsversuch“. „Es kann nicht sein, dass eine Zeitung, die ihrer Pflicht nachkommt, jetzt vor den Kadi gezerrt werden soll, weil sie Dinge veröffentlicht, die unrecht sind.“
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