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Tanz um das Faulenquartier

Die Entscheidung um Radio Bremen verzögert sich weiter. Denn beim Faulenquartier ist bis heute nicht klar, wer wann wo was bauen und finanzieren könnte. Die Branche ist verwundert

Gutachter brüten mal wieder über der Frage, ob und wie und wo ein Medien-Kompetenz-Zentrum im Faulenquartier schnell machbar und finanzierbar sein könnte. CDU und SPD-Politiker streiten sich, ob das Land Bremen den Umzug von Radio Bremen direkt oder indirekt finanziell fördern darf. Und Radio Bremen erklärt mit immer weniger Verständnis, dass die Zeit drängt und der Senat entscheiden muss, wohin es mit Radio Bremen geht. Einigermaßen sicher ist derzeit nur, dass es am 20. August keine Entscheidung geben wird über diese Frage. Vermutlich werde der Koalitionsausschuss, der am 8. September über den Pisa-Ergebnissen brüten will, auch diese Frage beraten müssen, sagt Senatssprecher Klaus Schloesser.

Die privaten Unternehmer, um die es bei einem „Medien-Kompetenz-Zentrum“ eigentlich gehen könnte, stehen staunend vor dem Prozess. Detlef Hanke, Chef der einzigen überregional renommierten Bremer Multimedia-Agentur (rund 100 Mitarbeiter), sucht seit Jahren nach einem größeren Standort für sein Unternehmen. Faulenquartier? „Ich möchte das alte Saturn-Gebäude nicht einmal als Gegenüber ertragen“, sagt Hanke. Da müsse sehr viel abgerissen werden, um die Gegend attraktiv zu machen. Denn für Hanke ist die Architektur – innen und außen – ein ganz wichtiges Moment der Unternehmenskultur. Auf der Teerhof-Insel hätte er gern ein repräsentatives Gebäude errichtet. Bremen-Besucher hätten dann auch erkennen können, dass Bremen nicht nur Kaffee, Kraft-Käse und Wasser (ohne Schiffe) zu bieten hat, sondern auch moderne Unternehmenskultur. Aber in eine Hinterhof-Landschaft wie die des Faulenquartiers will er seine Kunden nicht führen. Hanke wird nun vermutlich an seinem Standort Schwachhauser Heerstraße einen architektonisch attraktiven Anbau realisieren.

Die Planer der Baufirma Weser-Wohnbau haben die sich hinschleppende Diskussion ihrerseits genutzt, um mit einem Angebot „mediapark am Congress-Centrum“ zu werben. „Wir bauen jetzt“, sagt Lars Brennecke, Prokurist der Weser-Wohnbau. Wann aus einem Medien-Kompetenzzentrum etwas werde, das stehe in den Sternen. Nicht einmal die „Grundstückssicherung“ sei klar.

In der Tat wird jetzt erst geprüft, welche möglichen Baugrundstücke im Faulenquartier wem gehören. Am Einfachsten scheint es, auf einer Fläche aus der Konkursmasse der Immobilienfirma Bongartz zu bauen – hinter dem Bamberger-Haus. Das wäre allerdings weit weg vom Weser-Blick, und auch die scheußliche Saturn-Fassade würde dann erstmal stehen bleiben.

Was, wenn die Option Faulenquartier verworfen wird, weil alles für Radio Bremen zu lange dauert und zu teuer ist? Die Käufer des alten Postamtes 5 haben ihre Immobilie ins Spiel gebracht. Die Experten von der Weser-Wohnbau kennen diese Immobilie und sagen: Wer etwas Licht ins Innere des dunklen Kolosses bringen will, der für die Post-Zwecke umgebaut worden war, muss sehr teure Eingriffe in die Bausubstanz vornehmen. Auch Hanke winkt ab: Die alte Fassade ist keine attraktive Adresse für ein modernes Unternehmen. Und das mediapark-Projekt von Weser-Wohnbau ist auch keine Alternative. Radio Bremen hat es bisher nicht einmal ernsthaft geprüft. Denn für den Sender gilt: Wenn die Stadt nicht jetzt das „Medien-Kompetenz-Zentrum“ finanziert, dann muss der Sender allein die „Notvariante“ realisieren, einen Anbau an die Fernsehstudios beim Weser-Park für die Hörfunk-Kollegen. Im Jahre 2005 gibt es 25 Millionen Euro weniger aus dem ARD-Finanzausgleich, Radio Bremen will daher Personalkosten und Büroflächen radikal reduzieren.

Bei der Vorstellung, dass sich das größte Bremer Kommunikations-Unternehmen ganz zum Stadtrand verdrückt, schüttelt der Media-Unternehmer Hanke nur den Kopf. K.W.

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