: berliner szenen Letztes zur Badesaison
Weißer vor Oranke
Auch Hohenschönhausen kann lauschig sein. Im Altstadtteil des von vielen Berlinern gern verschmähten Stadtbezirks liegt der schöne, fast runde Orankesee. Die Wasserqualität ist gut, Grün und Bäume ringsum. Mit dem Rad brauche ich von meinem Friedrichshainer Zuhause nur 15 Minuten. Als die Badesaison begann, fuhr ich wie im letzten Jahr zu meinem Naherholungsgebiet. Wie immer mied ich das eingezäunte und überfüllte Freibad. Das spart ein paar Euro. Man kann sowieso von fast jeder Uferstelle aus bequem in den Orankesee klettern. Das machen jung und alt so, nackt oder in Badebekleidung, einen halben Sommer lang.
Plötzlich aber wiesen rund um den See Schilder darauf hin, dass Baden außerhalb des Freibades strikt verboten ist. Ich stieg trotzdem in die Fluten. Wenige Schwimmzüge später ertönte vom Freibad herüber die Megafonstimme des Bademeisters: „Der junge Mann, der außerhalb des Freibadbereiches schwimmt, möchte so schnell wie möglich das Wasser wieder verlassen! Danke!“ So resolut aufgefordert, verhielt ich mich gesetzestreu. Und versuchte es ein paar Tage später wieder. Die Schilder fehlten dieses Mal. Ich schwamm etliche Runden und niemand protestierte. Einige Tage später aber waren die Schilder wieder da. Keine Chance auf Schwimmen außerhalb der Freibadgrenzen. Der Bademeister pfiff mich Frei-Schwimmer wieder aus dem Wasser. Der Stadtbezirk Höhenschönhausen gönnt einem aber auch gar nichts! Also siedelte ich um. An den Weißen See in Weißensee, nur fünf Radminuten weiter. Dort gibt es trotz eines Eintritt erhebenden Freibades kein einziges Verbotsschild. In den Weißen See darf jeder steigen wo, wie und wann er will.
ANDREAS HERGETH
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