: Gezerre ums Faulenquartier
Der Senat hätte Radio Bremen gerne als Ankermieter in einem „Medienzentrum“. Der Rundfunkrat will möglicherweise zustimmen, aber nur, wenn andere die Verantwortung tragen
Der künftige Standort von Radio Bremen soll ein schickes Medienzentrum im Faulenquartier sein: Dafür hat sich gestern der Senat ausgesprochen. Die Große Koalition favorisiert dabei die so genannte „Verbindungs-Variante“ (siehe Grafik), die die Nutzung des Bamberger-Kaufhauses und der „Saturn“-Immobilie rechts und links der Faulenstraße miteinschließt und der Stadt Kosten in Höhe von 5,9 Millionen Euro auferlegt. Von einem „spektakulär-historischen Beschluss“ schwärmte Bürgermeister Henning Scherf.
Die „hohe Kompetenz“ von Radio Bremen in der Medienwirtschaft solle für die inhaltliche Konzeption des neuen Zentrums sowie für die Suche nach privaten Investoren genutzt werden, heißt es in dem Senatsbeschluss. Die Bremer Investitions-Gesellschaft (BIG) solle sich „mit maximal 25,1 Prozent“ und „gemeinsam mit Radio Bremen“ an einer Entwicklungsgesellschaft mit dem Arbeitstitel „KommunikationsQuartier Bremen“ beteiligen, nach Baubeginn aber wieder ausscheiden. Aufgabe dieser Gesellschaft sei es, Privatinvestoren für das Medienzentrum zu suchen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU) dankte Radio Bremen dafür, „mit seiner Entscheidung für das Faulenquartier“ die Grundlage für ein Medienzentrum geschaffen und der Stadt die nötige Planungssicherheit verschafft zu haben.
Es sei „absoluter Unsinn, was Hattig da redet“, reagierte gestern Rundfunkrats-Mitglied Klaus Bernbacher schroff auf die Äußerungen des Senators. Bislang gebe es überhaupt keine Entscheidung des Senders für das Faulenquartier. Der Senatsbeschluss sei lediglich „ein Angebot an Radio Bremen, das wir seriös prüfen werden“. Er könne sich nicht vorstellen, dass sich Radio Bremen an einer Entwicklungsgesellschaft beteiligen werde, so Bernbacher, der für den Landesmusikrat in dem Sendergremium sitzt. Im Übrigen habe der Intendant mittlerweile „die nötige Coolness“, um politischem Druck standzuhalten.
Der Rundfunkrat hatte es am Montag einstimmig abgelehnt, als verantwortlicher Projektentwickler eines Medienzentrums aufzutreten. Intendant Heinz Glässgen bekundete zwar die prinzipielle Bereitschaft zum Umzug in das Faulenquartier, stellte aber Bedingungen: So müssten die neuen Gebäude bis 2005/2006 bezogen werden können, und es dürfe keinesfalls eine „Stand-alone-Lösung“ mit dem Sender als einzigem Benutzer geben. Radio Bremen selbst sei aber nicht bereit, private Investoren zu suchen, stellte Glässgen klar. Der Sender dürfe nicht mit Rundfunkgebühren Wirtschaftsförderung betreiben.
Rundfunksrats-Mitglied und CDU-Landeschef Bernd Neumann nannte die Vorstellung eine „Utopie aus dem politischen Bereich“, dass im Faulenquartier ein florierendes Medienzentrum entstehen werde. „Im Augenblick kenne ich außer Radio Bremen keinen Investor“, sagte Neumann. Es sei aber nicht die Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Senders, Verantwortung für private Unternehmen und deren Ansiedlung zu übernehmen.
Glässgen kündigte gegenüber dem Rundfunkrat an, dass er auch über ein Alternativ-Angebot weiter verhandeln wolle: Die Weser-Wohnbau GmbH hat Radio Bremen schriftlich angeboten, an der Theodor-Heuss-Allee für 35 Millionen Euro einen Neubau zu errichten. Das Gebäude könnte Ende 2004 fertig sein. Die Weser-Wohnbau würde von Radio Bremen die „Fohlenweide“ für 5 Millionen Euro kaufen und auch das Hörfunk-Gebäude an der Bürgermeister-Spitta-Allee übernehmen. Der Sender müsste für 20.000 Quadratmeter Nutzfläche unter dem Strich nur 15 Millionen Euro finanzieren.
Radio Bremen „begrüßte“ gestern den Senatsbeschluss, ohne mit einem Wort Zweifel anzumelden. Der Sender habe nun eine „tragfähige Grundlage für die Planung seines künftigen Standorts innerhalb eines Medienzentrums“, heißt es lammfromm. Intendant Glässgen selbst war für die taz gestern nicht zu sprechen. Markus Jox
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