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Stochern im September-Nebel

Am Jahrestag der Anschläge vom 11. September durchsuchte die Hamburger Polizei gestern eine Moschee in St. Georg. Von einem angeblichen ägyptischen Attentäter fand sie allerdings keine Spur. Festgenommener Syrer soll Atta gekannt haben

von ELKE SPANNER

Es konnte „nicht ausgeschlossen werden“, dass „eine Gefahrenlage vorliegt“. Es konnte auch nicht ausgeschlossen werden, dass „womöglich ein Sprengstoffanschlag vorbereitet wird“, wie es der Leiter der LKA-Staatsschutzabteilung Bodo Franz formuliert. Erst nach der Durchsuchung, da war all dies auszuschließen. Nachdem 228 PolizistInnen gestern morgen 55 Räume der El-Nur-Moschee in St. Georg durchkämmt hatten und sich der Verdacht, dort könnte ein radikaler Islamist einen Anschlag vorbereiten, in Luft aufgelöst hatte. Statt eines Terroristen nahm die Polizei acht Personen wegen illegalen Aufenthaltes in Deutschland fest. Zufallstreffer.

Die Hamburger Polizei hatte einen Hinweis bekommen, dass sich im Gästehaus der Moschee am Pulverteich ein namentlich benannter Ägypter aufhalte und dort konspirativ etwas vorbereite. Dafür, was genau der Mann plane, gab es keine Anhaltspunkte. Die Polizei mutmaßte lediglich, es könne sich um einen Sprengstoffanschlag handeln. „Der Mann soll mit anderen in konspirativer Vorgehensweise Dinge verabredet haben, die dahin gehend interpretiert werden könnten, dass es sich um Terror handelt“, so Franz. Ebenso möglich sei auch die Interpretation gewesen, dass der Beschuldigte schlicht ein Krimineller ist.

Die Durchsuchung war laut Innenstaatsrat Walter Wellinghausen im Wesentlichen eine Maßnahme der „präventiven Gefahrenabwehr: Wir müssen deutlich machen, dass es in Hamburg nicht möglich ist, konspirativ Terrorattentate vorzubereiten.“ Schon Anfang Juli hatte die Polizei ein von ihr selbst so genanntes„Warnsignal“ abgegeben und den Buchladen „Attawhid“ sowie sieben Privatwohnungen von Personen durchsucht, von denen lediglich bekannt war, dass sie sich „konspirativ“ treffen.

Der Hinweis auf den Ägypter, der bei der gestrigen Durchsuchung nicht angetroffen wurde, war an die Hamburger BeamtInnen Dienstagabend vom Bundeskriminalamt (BKA) weitergeleitet worden. Das BKA hatte die Nachricht aus einer zuvor unbekannten Quelle. Da vom Schreibtisch aus keine Erkenntnisse über die verdächtige Person zu gewinnen waren, so Staatsrat Wellinghausen, entschied man sich zur Durchsuchung der angeblichen Herberge des Mannes, des Gästehauses der Moschee. „Wir tragen in Hamburg eine hohe Verantwortung politischer und polizeilicher Art.“

Wellinghausen betont, dass die Durchsuchung sehr friedlich abgelaufen sei. Die Polizei habe nicht die Gebetsräume der Moschee, sondern nur angegliederte Räume durchsucht. Dabei seien die beiden anwesenden Imame sehr kooperativ gewesen. „Sie hatten großes Verständnis für die Polizei und die Situation des 11. September.“

Unterdessen verlautete gestern „aus Sicherheitskreisen“, der am Vortag durch eine Razzia ins Visier genommene deutsch-syrische Chef einer Im- und Exportfirma in Schleswig-Holstein habe auch Kontakt zur Terrorzelle um den New York-Attentäter Mohammed Atta gehabt. Gegen den Geschäftsmann, seine Ehefrau und die beiden Söhne ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen des Anfangsverdachtes der Mitgliedschaft in einer kriminelle Vereinigung. Sie sollen islamistische Fundamentalisten „geschleust“ und Geld für den „Heiligen Krieg“ gewaschen haben. Haftbefehle gegen sie liegen keine vor.

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