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Eigentum verpflichtet

Wer Wohnprojekte plant, muss Geld mitbringen und immer noch viel Zeit. Fast überall werden noch EinsteigerInnen gesucht: In Wilhelmsburg oder auch in Wulfsdorf

Der Trend geht zum Eigentum: Die Idee der Wohnprojekte in und um Hamburg kommt in die Jahre und verändert sich. Wer heute ein Projekt des selbstbestimmten Lebens und Wohnens beginnen will, muss Geld mitbringen. Bei den 5. Wohnprojekttagen am Wochenende in der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) war häufiger denn je vom Kauf des entsprechenden Wohnraums die Rede. Das Wohnprojekt auf Mietbasis wird nur noch von einer Minderheit der InitiatorInnen verfolgt.

Zahlreiche Projekte stellten sich am Freitag und Samstag auf der vom gemeinnützigen Träger Stattbau e. V. veranstalteten Tagung vor. Das Interesse an dieser Art des Wohnens ist nach wie vor stark, der Andrang nach Information groß, die Workshops waren gut besucht. Klar wurde bei der Vorstellung der zurzeit in Hamburg geplanten Projekte: Wer seinen Traum vom nachbarschaftlichen Wohnen verwirklichen will, muss dicke Bretter bohren. Ein langer Atem ist Pflicht. Projekte wie das am Brachvogelweg in Lurup haben sich vor gut zehn Jahren zusammengetan, und jetzt kann ans Einziehen gedacht werden.

Dabei ist die Grundstückssuche immer noch das größte Problem: Innenstadtlagen sind selten oder unbezahlbar teuer. Regina Buhl vom Wohnprojekt „Mensch und Tier“ schwebte an sich ein Quartier in der Nähe der Alster vor: „Wir haben aber gemerkt, dass das an die Grenzen des Realistischen stieß.“ Gelandet ist das Projekt, das sich das Zusammenleben von Menschen mit ihren Haustieren auf die Fahnen geschrieben hat, letztlich in den Vier- und Marschlanden, weil dort ein Grundstück zur Verfügung stand.

Andere Projekte verlegen sich auf Itzehoe, Lübeck oder Ahrensburg. Allerdings geschieht dies nicht nur aus Verlegenheit oder aus Kostengründen. So hat sich das Projekt Allmende ganz bewusst die Stadtgrenze bei Wulfsdorf ausgesucht, denn hier soll weniger ein Wohn- als vielmehr ein Dorfprojekt entstehen: Eine Siedlung mit 300 Menschen, mit Gewerbe und ökologischer Bewirtschaftung – ein Refugium für Stadtflüchtlinge mit Nähe zur Metropole.

Allgemein ist fast allen Projekten – ob es Max B. an der Max-Brauer-Allee oder das Wohnprojekt in Winterhude ist –, dass EinsteigerInnen immer noch gesucht werden. Wobei auch hier der Trend weg von den klassischen Stadtteilen Altona und Eimsbüttel hin zu bisherigem Terra Incognita für Wohnprojekte geht. Nach Eidelstedt zum Beispiel oder nach Wilhelmsburg, wo eine Gruppe um Tim Kunstreich MitstreiterInnen sucht. Für „Wohnen am Wasser in der Nähe der Stadt“ wirbt Kunstreich, der davon überzeugt ist, „dass Wilhelmsburg in zehn oder 20 Jahren einen Ruf hat, wie ihn jetzt Ottensen genießt“. PETER AHRENS

Infos unter www.stattbau.de

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