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Drogenhilfe-Verein muss Konkurs anmeldenMit Tegeler will das Sozialressort nicht mehr handeln

Sozialressort streicht Bremer Hilfe

Der Staatsrat des Sozialressorts, Adolf Knigge, hat die „Bremer Hilfe“, Trägerverein diverser Drogenhilfe-Projekte, gestern öffentlich aufgefordert, „für die notwendige Klarheit zu sorgen“ und Konkurs anzumelden. Ab dem 15.10. jedenfalls werden weder Senat noch die Oldenburgische „Landesversicherungsanstalt“ (LVA) Gelder überweisen – pro Monat bekommt die „Bremer Hilfe“ insgesamt etwa 300.000 Euro für laufende Projekte. Über Jahre war die „Bremer Hilfe“ das Instrument sozialdemokratischer Drogenhilfepolitik in Bremen.

Knigge zog jetzt die Konsequenz aus einem „schleppenden Prozess“: Seit der Übernahme der Leitung des Sozialressorts bemüht sich Knigge um einen „geordneten Trägerwechsel“ – die einzelnen Projekte nämlich machen gute Arbeit, lobte er gestern noch einmal ausdrücklich. Davon soll „soviel wie möglich“ erhalten bleiben, aber mit dem Vorstand um Volker Tegeler will der Senat nicht weiter zusammenarbeiten.

Das Vertrauen wurde zerstört durch Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbereich, die die Staatsanwaltschaft seit Jahren aufzuklären versucht. Mit einer Rücküberweisung hatte der Verein noch vor der Amtszeit von Knigge versucht, die Vertrauensbasis mit dem Sozialressort wiederherzustellen, aber es gab neue Rückforderungen.

Die Schulden des Vereins summieren sich nach der Rechnung von Knigge inzwischen auf stolze 1,3 Millionen Euro. Allein das Sozialressort fordert 465.000 Euro zurück, die Landesversicherungsanstalt 295.000 Euro. Als mehr oder weniger „interne“ Kredite muss man Schulden bei der Arbeiterwohlfahrt Bremerhaven (412.000 Euro) und beim Tagungshaus Kremelheide (241.000 Euro) rechnen: Der AWO-Geschäftsführer Tegeler ist im Ehrenamt der Vorsitzende des Vereins, und Kramelheide ist die Firma des früheren Geschäftsführers des Vereins, Klaus Dyck.

Die Immobilien des Vereins sind in dem aktuellen Jahresabschluss 2001 zudem sehr viel höher bewertet als von einem externen Gutachter, erklärte Knigge. Völlig neu taucht in dem auf Druck von Knigge kurzfristig vorgelegten Jahresabschluss eine „selbstschuldnerische Bürgschaft“ von 368.000 Euro auf, die der Vorstand des Vereins vor Jahren für einen Kredit der Kramelheide-GmbH übernommen hatte. Der derzeitige Geschäftsführer wusste bis dahin nichts von dieser Bürgschaft. Noch vor zwei Wochen hatten sich ehemalige Vorstandsmitglieder der Bremer Hilfe auf Nachfrage der taz an diese Bürgschaft überhaupt nicht erinnern können (vgl. taz 19.9.). In den früheren Bilanzen war die Verpflichtung nicht vermerkt, erklärte Knigge – überrascht über diesen Vorgang.

Der Hintergrund der dubiosen Geschichte: Der Verein Bremer Hilfe (Geschäftsführer damals: Klaus Dyck) hatte sein Geschäftshaus in der Schmidtstraße an eine Privatfirma verkauft, die heute zu 100 Prozent Klaus Dyck gehört – und dafür gebürgt. Es ist davon auszugehen, dass auch in Protokollen des Vereins diese Bürgschaft, die mit den Zielen eines gemeinnützigen Vereins kaum vereinbar sein dürfte, keine Erwähnung gefunden hat. K.W.

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