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Aufmarsch der Pappbecher

Latte, Latte Machiato und für Veganer- und AllergikerInnen seit kurzem auch mit Soja-Milch: Der Coffee-to-go-Verkauf rund um den Campus expandiert. Ein Streifzug durch die offene Koffeinszene

von BIRTE GOLDT

Ohne Kaffee geht bei den meisten in der Uni gar nichts. Dass aber weder die Mensen noch die zahlreichen Studi-Cafés die Sucht nach exquisiten koffeinhaltigen Heißgetränken ausreichend befriedigen können, zeigt die gastronomische Entwicklung rund um den Campus: Wie Pilze sprießen amerikanische Coffeebars und portugiesische Cafés aus dem Boden, jeder Bäcker lockt inzwischen mit Coffee-to-go-Spezialitäten.

Warum sollte mensch auch das Risiko eingehen, um 10 Uhr morgens in der T-Stube im Pferdestall noch keinen 40-Cent-Filterkaffee zu bekommen, wenn allein auf dem Weg von der Bushaltestelle zum Gebäude fünf verschiedene Anbieter mit Café lattes zwischen zwei und drei Euro locken? So setzen sich in morgendlichen Seminaren nach und nach die Pappbecher durch.

Die neue Mensa im Philturm hat den Trend gleich erkannt und bietet Milchkaffee für unschlagbare 60 Cent – zwar aus dem Automaten, aber dafür fair gehandelt. Pappbecher sind dort kostenlos, im Gegensatz zum „nurfürgäste“ auf dem Campus, das den To-go-Boom auf seine Weise auszunutzen versucht: 50 Cent extra verlangen sie für Mitnehmbecher inklusive Plastikdeckel, wodurch sie im Preisvergleich an keiner Stelle mithalten können. Recht günstig schneidet dagegen der Hansebäcker ab.

Neu am Platz ist der – zumindest von den Preisen her – exklusivste Laden „Balzac Coffee“. Dieser bändelt mit einer neue Zielgruppe an: LactoseallergikerInnen und VeganerInnen können sich den kleinen Sojalatte schon für schlappe 2,70 Euro bestellen – wenn das kein Schnäppchen ist! Dafür kann man während der Wartezeit „die sieben Kaffeegebote“ aus dem hauseigenen Faltblatt studieren und viel über die Qualität der Bohnen erfahren. Denn dass es der beste Kaffee sei, davon sind auch die Angestellten überzeugt: „Das ist Spitzenkaffee, den wir benutzen, der Espresso ist echt teuer und wird sofort nach der Röstung versiegelt. Andere lassen die Bohnen auskühlen und das Aroma verdampft“, verteidigt der geschulte Mitarbeiter die Preise bei Balzac. Von der Lebensqualität der KaffeepflückerInnen weiß allerdings weder der Verkäufer noch das Faltblatt etwas.

Sojamilch gibt es jetzt auch beim „Bagel Park“, für 30 Cent Zuschlag. Was allerdings den Unterschied zwischen Milchkaffee und Latte Machiato ausmacht, ist in der Grindelallee relativ: beim Bagelpark wird zu gleichem Preis der Milchkaffee mit normalem Kaffeepulver in der Espressomaschine gemacht und der Latte Machiato mit Espresso, beim Café Dilo direkt nebenan hat der Milchkaffee schlicht mehr Schaum und der etwas teurere Latte Machiato mehr Milch und mehr Espresso. Höchst angesagt ist auch die portugiesische Variante des Milchkaffees, der Galão (kostet einheitlich 1 Euro 60), der aber ausschließlich von den kleinen Cafés angeboten wird, wo es diese leckeren Vanillepudding-Törtchen gibt.

Wie viele Variationen es für die Unterscheidung „klein – mittel – groß“ (so nur bei Café Dilo) gibt, ist überraschend: klassisch englisch beim Hansebäcker mit small, medium und large, leicht abgewandelt bei AllCafe mit small, normal und tall. Mehr oder weniger einleuchtend beim Bagel Park: Tasse, Becher oder Glas. Interessant wird‘s bei Balzac – Heißgetränke werden dort in short, tall oder grande serviert, die „Iced Espresso Specialties“ hingegen in tall, grande oder – jetzt kommt‘s hart – „venti“. Was das bedeutet, weiß nicht einmal der Verkäufer – außer dass der Becher eben noch größer ist.

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