piwik no script img

Jetzt ist der Rand dran

Ein gebrochenes Hoch auf Buddel und Buddelinchen: Die Bremer Aufbaugemeinschaft lobpreist die Aufwertung der Innenstadt, doch Ortsamtsleiter Bücking zieht eine ernüchternde Bilanz: Im City-Bereich stagniert das Wachstum

Maulwurf Buddel und seine Gespielin Buddelinchen haben für‘s Erste ihre Schuldigkeit getan: Der Tort der City-Baustellen, den die Marketing-Maskottchen wechlächeln sollten, hat ein Ende: Umgestaltung, Sanierung und Aufwertung von Stätten wie dem Marktplatz, der Obern- und Sögestraße oder der Alten Börse sind abgeschlossen. Die Aufbaugemeinschaft Bremen, ein bereits 1945 gegründeter Verein zur Förderung der städtebaulichen Entwicklung, hatte gestern ins Haus Schütting geladen, um das Ende der Bauarbeiten zu feiern – natürlich nicht mit Jubel und Tralala, sondern in wohlgesetzten, vornehmen Worten.

Man beglückwünschte sich und „die Politik“ mit verbalem Weihrauch zu den „liebens- und lebenswerten Züge unserer Stadt“, metapherte, dass Bremen seine „gute Stube wieder zurückgewonnen“ habe und stellte fest, dass sich die Innenstadt „zu einem abgerundete Miteinander“ füge. Doch die Gemeinschaft hatte auch externe Referenten eingeladen, die, so der scheidende Vorsitzende Simon Reimer, „den Feinschliff in der Stadtplanung beleuchten“ sollten: Senatsbaudirektor Uwe Bodemann und der Ortsamtsleiter Mitte/Östliche Vorstadt, Robert Bücking mühten sich, die Wissbegier des Auditoriums zu stillen.

„Mir fällt fast gar keine Stelle mehr ein, die in der Bremer Innenstadt noch nicht verschönert worden ist“, sagte Bodemann und zählte brav einige der 139 Projekte auf, die Bestandteil des vom Senat 1998 beschlossenen Sofortprogramms „Bremer Innenstadt und Nebenzentren“ sind. Das Programm war damals – im Zusammenhang mit der Entscheidung für den Gröperlinger Spacepark – als flankierende Unterstützung für die City gedacht gewesen. „Vielleicht haben wir sogar an der ein oder anderen Stelle ein wenig zu viel des Guten getan“, sagte Bodemann. Für die Innenstadtmaßnahmen habe die öffentliche Hand 30 Millionen Euro, private Investoren dagegen 230 Millionen Euro berappt. Mit diesem Verhältnis von 1:7 sei er hoch zufrieden, sagte Bodemann. Künftig dürfe es der Stadtplanung jedoch nicht mehr so sehr um die Innenstadt gehen. Vielmehr müssten „die inneren Stadtteile“ – Vorstädte und Randbereiche der City – in den Mittelpunkt gerückt werden.

Eine geplante Fortschreibung des Investitionsprogramms mit dem Arbeitstitel „Innenstadt 2010“ habe die Stadtbürgerschaft in dieser Woche bereits debattiert und für gut befunden: Schwerpunkte sollen das Faulenquartier, die Hafenvorstadt, Oster- und Steintor sowie das Wohnen an Wall und Weser sein.

Die Entscheidung des Senats, Radio Bremen fürderhin im Faulenquartier anzusiedeln, hält auch Robert Bücking für eine „ganz kluge politische Entscheidung“. Doch ansonsten fällt Bückings Bilanz nüchtern aus: „Das Wachstum fand in den letzten Jahren im Außenbereich der Stadt statt“, konstatierte der Ortsamtsleiter. Das Ziel des Senats, die Büroarbeitsplätze in der Innenstadt bis zum Jahr 2002 um 10.000 aufzustocken, sei verfehlt worden. Der Rückgang der Arbeitsplätze im Bezirk Mitte sei ungebrochen, mittlerweile sei man auf der Talfahrt bei 50.000 angekommen. Und der Büroflächenbestand in der Innenstadt habe sich von 1995 bis 1999 trotz gegenteiliger Ziele überhaupt nicht verändert. Die großen Kontingente an Büroflächen und Dienstleistungsarbeitsplätzen seinen stattdessen am Flughafen und an der Universität gebaut worden. „Die Innenstadt hat ihr wirtschaftliches Gewicht in der Region nicht steigern können“, zog Bücking Bilanz. Lediglich „Verteidigungsanstrengungen“ seien unternommen worden, „damit wir nicht weiter absacken“. Bremen dürfe sich nicht damit abfinden, „dass sich die Innenstadt gerade mal so behauptet.“ Dorthin gehöre das Wachstum, und nicht etwa in das Hollerland. Eine ordentliche Anbindung des Faulenquartiers sei deshalb für die Innenstadt ein großer Gewinn: „Bisher liegt das Gebiet doch am Rande der Stadt vor dem Nirgendwo.“ Markus Jox

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen