: Wasserdichte Pyramiden
Es gibt ihn noch: Erich von Däniken präsentierte im Pier 2 „Ungelöste Rätsel der Vergangenheit“. Ein Fundus von rettenden Ideen für den benachbarten Spacepark?
Die Pyramiden sind einst wasserdicht gebaut worden! Kurz vor der drohenden Sintflut zeigten Ausserirdische den „Steinzeitmenschen“ in Ägypten, wie sie schnell noch ein paar monumentale Weltwunder bauen konnten, damit die Spuren ihrer Zivilisation schön trocken blieben. Wir sind bis jetzt einfach nur zu blöd, um die geheimen Kammern zu finden. Ja, hinter der zweiten Tür des geheimnissvollen Schachtes der Cheopspyramide (mit deren Bau der langweilige Cheops natürlich rein gar nichts zu tun hatte), da könnte der endgültige Beweis für Dänikens Theorien zu finden sein. Aber die Wissenschaftler haben natürlich Angst, dass ihre schönen alten Dogmen widerlegt werden, und so werden sie mit allen Mitteln verhindern, dass diese Tür in nächster Zeit geöffnet wird.
Auch nach dreißig Jahren hören manche solche haarsträubenden Geschichten immer noch gerne, und so füllte Erich von Däniken am Dienstagabend die Stuhlreihen im Pier 2 wenn nicht ganz, so doch erstaunlich gut. Dabei tat er nicht viel mehr als gut anderthalb Stunden lang schwätzen und Dias zeigen – ja zugegeben, da waren auch ein paar Videoprojektionen und Computeranimationen mit dabei, aber im Grunde war das ein ganz altmodischer Vortrag. Doch der war, wie einst die Pyramiden, wasserdicht!
Die innere Logik von Dänikens Gedankengebäude ist schon faszinierend, und wo es dann doch etwas wackelig werden könnte, arbeitet er virtuos mit rhetorischen Tricks: Wenn er sagt „ich weiss genau, wie das gelaufen ist“, dann reicht das. Wer will schon zur „Mitnickergesellschaft“ gehören, die jeden „Quatsch“ der Wissenschaftler glaubt.
Natürlich ist solch eine Performance von ihm perfekt, er hatte ja auch drei Jahrzehnte Zeit, um an ihr zu feilen. Verräterisch ist nur, dass viele der Attribute, mit denen er die Werke der Ausserirdischen belegt, auch auf seinen Vortrag zutreffen. Der ist auch „wasserdicht“, da „kriegen Sie keine Rasierklinge dazwischen“ (gleich zwei mal), und die „ältere Technologie war die beste, danach kam nur noch Ramsch“.
Immerhin: langweilig wurde es nie, wenn Däniken in einem antiken griechischen Fund ein „Differentialgetriebe“, in einer mittelalterlichen Landkarte die eisfreie Antarktis und in den geheimnisvollen Spuren im peruanischen Nazca die jahrtausendalten Landebahnen der UFOs ausmachen will.
Dazu kamen in den letzten Jahren noch die Genmanipulation durch Außerirdische (so gut wie bewiesen durch den Inhalt eines ägyptischen Sarkophags) und natürlich die Kornkreise. Aber ansonsten ist das Produkt Däniken schon seit langem so perfekt wie Coca-Cola. Im nächsten Frühjahr wird er in einem Tal bei Interlaken einen eigenen Themenpark eröffnen, der auf seinen Theorien beruht.
Und hier wird die Sache natürlich für uns Bremer interessant, denn eine Art von Konkurrenzunternehmen dazu wird ja gerade direkt neben dem Pier 2 gebaut. Und man kann sich schon fragen, ob der „Spacepark“ nicht einfach zu langweilig-kommerziell für das angestrebte Massenpublikum sein wird. Ob nicht der „UFO-Park“ von Däniken viel gewinnträchtiger ist, denn (mal ehrlich), schräge Theorien über Ausserirdische sind doch für die gesamte Familie (Dänikens Publikum war erstaunlich jung) wesentlich unterhaltsamer als die dröge Wissenschaft, die uns bald im Disney-Format in Walle präsentiert werden wird.
Darüber hätte man Däniken gerne reden gehört, da hätte er dem hiesigen Publikum wirklich etwas erzählen können. Aber statt dessen spulte er sein Programm herunter: ein geschickter Abzocker, der durch die (immerhin größeren) Hallen des Landes tingelt, und vielleicht gar nicht mehr wahrnimmt, in welcher Stadt er gerade das ewig Gleiche verzapft. Wenn ihm dies noch Spaß machen würde, hätte er sicher nach dem dicken Köder „Spacepark“ geschnappt.
Wilfried Hippen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen