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Der Millionär hat’s schwer …

… wenn er auch noch Minister ist. Heute soll sich zeigen, ob der brandenburgische CDU-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß wegen eines arabischen Kredits zurücktreten muss

BERLIN taz/dpa ■ 9318,20 Euro sind definitiv ein schmales Monatssalär. Das ist der Besoldungstarif B11-Ost, nach dem in Brandenburg Minister bezahlt werden. Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) muss nach einem Blick auf seine Abrechnung geahnt haben, dass er mit diesem Gehalt seine hohen Steuerschulden lange nicht loswird. Der bequeme Ausweg – ein unbürokratischer Kredit eines Geschäftsfreundes aus den Vereinigten Arabischen Emiraten – führte Fürniß jetzt allerdings an den Rand des Rücktritts. Heute soll sich erweisen, ob die brandenburgische SPD/CDU-Regierung Fürniß weiter stützt. Innenminister und CDU-Chef Jörg Schönbohm immerhin bezeichnete die Angelegenheit als „politisch nicht unproblematisch“.

Die Schulden hat Fürniß vor zwei Jahren aufgetürmt: 1999 war der gebürtige Heidelberger als stiller Gesellschafter einer Baufirma ausgeschieden, um Wirtschaftsminister in Brandenburg zu werden. Die zwei Millionen Mark Abfindung – zusätzlich zu weiteren Zahlungen in unbekannter Höhe – nahm er gerne mit, doch den Steuerbescheid, der ihn im Jahr darauf ereilte, hatte er gründlich unterschätzt. Mit einer Million Euro stand er beim Fiskus in der Kreide.

Was macht der praktisch denkende Minister, der ohnehin mit Ölscheichs aus Dubai über ihre Beteiligung an der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) verhandelt? Er wendet sich an seinen neuen Bekannten, Scheich Mohammed al-Kasimi, und erhält prompt einen großzügigen Kredit. Sicherheiten – nicht nötig, al-Kasimi bürgt. Leider hat Fürniß nicht mit der mittelbrandenburgischen Sparkasse gerechnet: Die sah eine Millionenüberweisung aus dem Mittleren Osten – und alarmierte das Landeskriminalamt. Das stellte zwar bei seinen Ermittlungen den ordnungsgemäßen Ablauf der Transaktion fest und das Verfahren ein – aber politisch ist Fürniß mehr als blamiert. Einen Privatkredit aus dem Umfeld eines der wichtigsten Geschäftspartner des Landes anzunehmen, das riecht schlicht nach Korruption, auch wenn juristisch alles sauber ist.

Gestern räumte Fürniß ein, den räumlichen und zeitlichen Zusammenhang zu dem Projekt der Chipfabrik falsch bewertet zu haben, „weil mir klar war, dass es keinen Zusammenhang gibt“. Das Emirat Schardschah, dessen Herrscher al-Kasimi ist, sei wirtschaftlich völlig unabhängig vom Emirat Dubai, dem Geldgeber der Chipfabrik.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erklärte gestern, bei der politischen Bewertung des Vorgangs müsse auch die gute Arbeit von Fürniß als Wirtschaftsminister einbezogen werden. Dennoch wird es heute ein weiteres Krisentreffen geben. Seine Fraktion sieht „offene Fragen“. Und PDS und Grüne verlangen ohnehin Fürniß’ Rücktritt.

HEIDE OESTREICH

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