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Schröder und Fischer brüllen nicht

1999 stand wegen einer Panzerlieferung die rot-grüne Koalition auf dem Spiel. Bei den „Fuchs“-Panzern für Israel sieht es diesmal nicht nach Streit aus

aus Berlin JENS KÖNIG

In der rot-grünen Koalition geht in diesen Tagen, formulieren wir es mal vorsichtig, einiges drunter und drüber. Da dementiert die SPD heute ganz gerne das, was sie gestern selbst noch behauptet hat. Wenn das nicht mehr hilft, dementiert die SPD übermorgen das, was die Grünen morgen werden behauptet haben. Und wenn alle Stricke reißen, verwechselt der Kanzler höchstpersönlich den einen „Fuchs“-Panzer mit dem anderen.

Aus dieser kleinen Verwechslung sind dann auch die neuesten Irritationen entstanden, mit denen die rot-grüne Koalition gerade zu kämpfen hat. Es steht der Verdacht im Raum, die Regierung könnte Israel die angefragten „Fuchs“-Transportpanzer liefern – obwohl sie damit gegen ihre eigenen, vor zwei Jahren extra verschärften Richtlinien für den Rüstungsexport verstoßen würde. Nicht ganz klar ist, worauf dieser Verdacht genau beruht. Darauf, dass Schröder die Lieferung der ABC-Spürpanzer „Fuchs“ – die Panzer, von denen der Kanzler ursprünglich annahm, die Israelis hätten sie angefordert – in der vorigen Woche bereits zugesagt hatte? Darauf, dass die Regierung glaubt, in ihrer schwierigen außenpolitischen Lage die Transportpanzer liefern zu müssen, gerade in ein Land wie Israel? Oder kommt der Verdacht etwa nur deswegen auf, weil sich die Grünen so vehement gegen diesen Rüstungsexport aussprechen, dass man fast annehmen muss, sie wüssten, wie Schröder in dieser Frage entscheidet – nämlich gegen sie?

Aber Misstrauen hin oder her – im Moment spricht wenig dafür, dass Israel mit deutschen „Fuchs“-Transportpanzern rechnen darf. Schröder hatte den Israelis (fälschlichwerweise) die Lieferung von ABC-Spürpanzern versprochen, aber nur mit dem klaren Hinweis, dass es sich bei diesen rollenden Chemielaboren um ein „rein defensives und dem Schutz der eigenen Bevölkerung dienendes System“ handele. In der Regierung macht jedoch niemand einen Hehl daraus, dass die „Fuchs“-Transportpanzer einem ganz anderen Zweck dienen und im Kampf gegen die Palästinenser eingesetzt werden können – auch wenn das kein Minister öffentlich so sagt. Deshalb haben Kanzlerberater schon in der vorigen Woche durchblicken lassen, dass das Panzergeschäft mit Israel wohl nicht zustande kommt.

Dass sich weder Schröder noch die in dieser Frage wichtigen Minister wie Joschka Fischer (Außen), Peter Struck (Verteidigung), Heidemarie Wieczorek-Zeul (Entwicklungshilfe) und Wolfgang Clement (Wirtschaft) äußern, hat nicht etwa damit zu tun, dass sie der öffentlichen Begründung einer intern schon gefallenen, politisch heiklen Entscheidung aus dem Weg gehen wollen. Die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Zuständig dafür ist der Bundessicherheitsrat. Wann er in dieser Frage zusammenkommt, ist das Geheimnis seiner Mitglieder, die zum Schweigen über ihre Beratungen verpflichtet sind. Schröder, Fischer, Struck, Wieczorek-Zeul und Clement sind Mitglieder dieses Sicherheitsrats – deswegen sagen sie nichts.

Bundesvorstand und Parteirat der Grünen haben gestern noch einmal klar gemacht, was vermutlich auch der Bundessicherheitsrat dann so entscheiden wird: Die Transportpanzer dürfen nicht nach Israel geliefert werden. Parteichefin Claudia Roth sagte, der Export der Panzer würde gegen mehrere Punkte der rot-grünen Richtlinien verstoßen. Sie würden in eine Konfliktregion geliefert, ihr Einsatz wirke im Nahostkonflikt nicht deeskalierend und es bestehe hinreichender Verdacht, dass sie zur inneren Repression gegen die Palästinenser missbraucht würden. Das Auswärtige Amt habe ihr gegenüber bestätigt, dass die Kriterien im Falle der „Fuchs“-Panzer eindeutig wären. Die grüne Parteichefin wollte damit vor allem eines sagen: dass Joschka Fischer die Position der Grünen teilt, auch wenn er das öffentlich nicht sagt und gestern im Parteirat nicht anwesend war.

1999 war Fischer in einer heiklen Rüstungsexportangelegenheit schon mal ganz der aufrichtige Grüne. Damals setzte sich der Kanzler bei der Lieferung von „Leopard“-Panzern in die Türkei über die Bedenken seines Koalitionspartners eiskalt hinweg. Fischer und Schröder brüllten sich an, die Koalition stand auf dem Spiel. Es sieht so aus, als könnte es diesmal ruhiger zugehen.

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