piwik no script img

20 Jahre Spitzentechnologie der Photovoltaik

Dem australischen Professor Martin Green wurde gestern in Stockholm der Alternative Nobelpreis überreicht

Auch die Sonnenenergie kennt ihren Grand Prix. Zum Beispiel die „World Solar Challenge“ – ein Autorennen quer durch Australien. Bei dem dominieren keine Ferraris, sondern Sonnenkraft-Renner mit der Technologie von Martin Green: Solarzellen, die 30 Prozent mehr an Energie auf die Antriebsräder brachten als vergleichbare Produkte. Der australische Professor ist seit 20 Jahren Rekordhalter, was die Fähigkeit angeht, Sonnenkraft direkt in elektrische Energie umzuwandeln. Wofür er gestern in Stockholm den Alternativen Nobelpreis zugesprochen bekam.

Nach Hermann Scheer, einem anderen, deutschen Pionier der Solarphysik, der den Preis 1999 erhalten hatte, ist Green in kurzer Zeit schon der zweite Preisträger, der für einen Beitrag zur Lösung der zukünftigen Energieversorgung geehrt wird. Jacob von Uexküll, Gründer des Alternativen Nobelpreises, hat keine Probleme damit, nun auch so etwas wie einen alternativen Physikpreis zu verleihen.

Im Gegenteil: Er will ein Zeichen setzen. „Außerordentlich merkwürdig“, sei es, so von Uexküll, „dass ein derartiger Pionier der Solarphysik bislang keinen Nobelpreis bekommen hat.“ Dies sei ein Beleg dafür, wie weit die offiziellen Nobelpreise sich immer mehr vom eigentlichen Anliegen Nobels entfernen würden.

Konkret meint Uexküll, dass dies ganz aktuell für die Vertreter der Astrophysik zutreffe, die in diesem Jahr den Physiknobelpreis bekommen werden. Dies seien zwar sicher brillante Wissenschaftler, aber die Menschheit habe andere dringende Probleme, als sich um schwarze Löcher im Weltraum zu kümmern. Beispielsweise die Umstellung des Energiesystems von fossilen auf erneuerbare Energiequellen.

Martin Green hat sich seit Anfang der Achtzigerjahre darum gekümmert. Das Photovoltaik-Forschungszentrum an der Universität New South Wales in Sydney wurde unter seiner Leitung führend, was die Entwicklung von Solarzellen angeht, die Sonnenstrahlen direkt in Strom umwandeln. Eine vorher nie erreichte 18-prozentige Umwandlungsrate von Lichtenergie in Elektrizität schaffte man hier schon 1983. Ein Ernterekord, den man nach und nach auf 24,4 Prozent verbessern konnte.

Die auf Siliziumtechnik gegründeten Solarmodule von Martin Green sind nicht nur wesentlich leistungskräftiger als die konkurrierender Systeme. Sie sind darüber hinaus auch noch zwanzig Prozent billiger in der Produktion. Das olympische Dorf der Spiele in Sydney 2000 wurde durch sie mit Strom versorgt, und in Europa sind die nach Green-Prinzip konstruierten Photovoltaik-Zellen mittlerweile die mit Abstand am meisten produzierten geworden.

Die „zweite Generation“ der Zellen, welche ab 2004 reif für die Massenproduktion sein soll, verspricht noch erfolgreicher zu werden. Sie basiert auf dünnen, auf Glas aufgeschmolzenen Siliziumfilmen. Diese Photovoltaik-Technik soll nicht nur wesentlich preiswerter sein, bei der Produktion werden außerdem weder giftige noch selten vorkommende Materialien verwendet. Den Alternativen Nobelpreis bekam der 54-jährige Green laut Juryspruch für seinen Beitrag in einem Forschungszweig, der „die wichtigste technische Herausforderung unserer Zeit lösen will“ und erkannt hat, dass die „Nutzung der Sonnenenergie auch eine moralische Notwendigkeit“ ist. REINHARD WOLFF

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen