: Bremen „die Luft abgedrückt“
Ökonomie-Prof. Hickel: Sanierungshilfe für Bremen muss fortgesetzt werden. Erfolge bei der Produktivität kosteten Arbeitsplätze und erhöhten Steuereinnahmen nicht
Die Sanierungshilfen des Bundes für das Land Bremen müssen nach Ansicht des Bremer Wirtschaftswissenschaftlers Rudolf Hickel fortgesetzt werden. Ansonsten werde der Schuldenberg 2005 weiter steigen und dem Land „die Luft abdrücken.“ Das sagte Hickel bei der Vorstellung einer Studie zu den Sanierungshilfen des Bundes.
Wiebke Lang, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Hickel, hat in der Studie die Sanierungsanstrengungen des Saarlandes und Bremens dargestellt und verglichen. Bremen hat danach seine Wirtschaftskraft zwar deutlich gesteigert, dies hat aber nicht zu einer Erhöhung der staatlichen Einnahmen geführt, bilanziert die Autorin der Studie. Der Produktivitätszuwachs habe sogar zu einem negativen Effekt geführt: Die Arbeitslosenzahlen stagnieren. Während Bremen im Jahr 2000 insgesamt 4,4 Prozent weniger Erwerbstätige in der Statistik hatte als im Jahr 1991, hatte das Saarland aufgrund des geringeren Produktivitätswachstums sogar 4,2 Prozent mehr Erwerbstätige. Damit lag das Saarland knapp über dem Bundesdurchschnitt (3,7 Prozent plus), Bremen deutlich darunter.
Einen stichhaltigen Vergleich des Schuldenstandes bringt die Arbeit nicht, da sie nur die Zahlen der offiziellen Finanzplanungen vergleicht. Das Saarland plant für das Jahr 2005 einen Schuldenstand, der exakt dem vom Beginn der Sanierung 1994 entspricht. Bremen hat offiziell 1,1 Milliarde Euro mehr Schulden als zu Beginn der Haushaltssanierung. Schattenhaushalte hat die Autorin aber genauso wenig berücksichtigt wie den Umfang der Vermögensveräußerungen, die in der kameralistischen Haushaltsführung schlicht als „Einnahmen“ verbucht werden.
Insgesamt hat sich die Lage der beiden Sanierungsländer aber dennoch verbessert, weil sich die Lage der anderen Bundesländer verschlechtert hat. Insbesondere die Stadtstaaten und die Kommunen haben enorme Finanzprobleme – der Abstand der Sanierungsfälle zum Rest der Republik ist also geringer geworden. Deswegen würde nach Ansicht von Wiebke Lang auch eine Länderneugliederung überhaupt nichts bringen.
Ab dem Jahre 2005 droht der Bremer Schuldenstand wieder Jahr für Jahr anzuwachsen wie vor dem Sanierungsprozess – da dies aber das Problem aller Stadtstaaten und aller Großstädte ist, müsse, so Lang, deutlich gemacht werden, dass der bundesstaatliche Finanzausgleich geändert werden muss. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen