: off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
„Ingmar Bergmans heiterster Film“, pries die Verleihwerbung des Maestros 1955 entstandenes Werk „Das Lächeln einer Sommernacht“. Tatsächlich hatte der doch eher für seine düsteren Dramen bekannte Regisseur Mitte der Fünfziger mehrere ironische Liebes- und Ehekomödien geschaffen, seine „rosa Periode“, die ihm den endgültigen internationalen Durchbruch und kommerziellen Erfolg brachten. Bergman griff in „Das Lächeln einer Sommernacht“ die Struktur der klassischen romanischen Komödie des 17. Jahrhunderts auf: Nicht nur, dass das Komödienpersonal in eine Herrschafts- und eine Dienstbotenebene geteilt ist, sämtliche Paare passen auch nicht zusammen und müssen im Verlauf der Handlung erst neu sortiert werden. Der alternde Advokat Egerman (Gunnar Björnstrand) übernimmt dabei die Rolle des „Pantalone“, des komischen und von allen Seiten gedemütigten Alten, der eine viel jüngere, noch jungfräuliche Ehegattin hat, die bei Henrik, Egermans Sohn aus erster Ehe, viel besser aufgehoben wäre. Einstweilen poussiert Henrik jedoch noch mit dem Dienstmädchen. Egermans ehemalige Geliebte, die Schauspielerin Desiree (Eva Dahlbeck), hat unterdessen eine Affäre mit einem verheirateten Grafen, dessen Gattin sich allerdings auch nicht als Kostverächterin erweist. Als sich alle Beteiligten zu einem gemeinsamen Wochenende auf dem Schloss von Desirees Mutter einfinden, kann die Schauspielerin als „Regisseurin“ mit kleinen verschiedenen Intrigen die richtigen Paare wieder zusammenführen und sich selbst den Herrn Egerman zurückerobern. Nach eigener Aussage gestaltete Bergman die Figur der Desiree nach dem Vorbild seiner früheren Gattin: eine kluge, humorvolle Frau mit Herz, die in Eva Dahlbeck eine kongeniale Interpretin fand. Ihr wunderbar ironisches Zusammenspiel mit dem immer etwas indigniert wirkenden Gunnar Björnstrand gipfelt in einem der schönsten Dialoge der Filmgeschichte: „Wie kann eine Frau überhaupt einen Mann lieben“, fragt sich da der gute Egerman, als er sich, angetan mit einem albernen Rüschennachthemd und Nachtmütze, im Spiegel betrachtet. „Eine Frau sieht die Sache selten vom ästhetischen Standpunkt aus“, lautet Desirees weltgewandte Antwort. „Und schlimmstenfalls kann man ja das Licht ausmachen.“
„Das Lächeln einer Sommernacht“ (Orig. m. engl. U.) 20. 9. im Arsenal 2
Auf ganz andere Weise erheiternd kommt „Frenzy“ daher, Alfred Hitchcocks 1971 in England entstandenes Spätwerk, das noch einmal die Geschichte des unschuldig Verfolgten – hier ein selbstmitleidiger, ziemlich brutaler Loser – variiert. Mit großer Liebe zum makabren Detail ergeht sich Hitchcock in wunderbar groben Geschmacklosigkeiten wie dem absurden Kampf des Mörders (Barry Foster) mit einem seiner bereits leichenstarren Opfer um eine Krawattennadel mitten zwischen Kartoffelsäcken auf der Ladefläche eines Lastwagens. Überhaupt inszeniert Hitchcock die Gewalt in „Frenzy“ mit nie gekannter Deutlichkeit: Mord, das vermitteln die Großaufnahmen der überaus angestrengten Gesichter von Täter und Opfern sehr unmittelbar, ist keine ganz einfache Sache. Kein Wunder, dass selbst die politisch Verantwortlichen die Nerven verlieren: Gerade als Sir George am Themseufer in einer Rede die erfreuliche Verringerung der Schadstoffbelastung des Flusses begrüßt, wird eine unbekleidete, mit einem Schlips erwürgte Frau angespült. Der Politiker ist schier entsetzt: „Das ist doch nicht etwa meine Club-Krawatte?“
„Frenzy“ 19. 9.–20. 9. im Filmkunsthaus Babylon 1
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Alle drei Teile von Steven Spielbergs – qualitativ sehr unterschiedlicher – Indiana-Jones-Trilogie lassen sich in der kommenden Woche hintereinander im Thalia-Kino bewundern: Während Spielberg im zweiten Teil („Indiana Jones und der Tempel des Todes“) alles falsch macht, was man falsch machen kann (Kinder und kreischende Frauen haben im Abenteuerfilm nix zu suchen, da hilft auch keine Ironie), bietet zumindest der dritte Teil von Indys Gralsuche („Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“) Vergnügliches: viele – genau genommen sehr viele – Ratten, absurde Nazis, eine verräterische Blondine und einen von Sean Connery mit viel komischem Timing verkörperten Vater.
Indiana-Jones-Trilogie 20. 9. im Thalia 2
LARS PENNING
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