piwik no script img

ArbeitssucheAus für Jobvermittlung

Kurzfristig werden Arbeitslose wohl keinen Job mehr bekommen. Die Agentur für Arbeit stellt unter anderem die Vermittlung von Tages-Jobs ein.

Die Vermittlungsstellen schließen: Tages-Jobs sind nun schwieriger zu finden. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Team Arbeit Hamburg stellen ihre Jobvermittlung ersatzlos ein. Neben der 400-Euro-Job-Arbeitsvermittlung, der Studenten- und Messe-Jobvermittlung, ist auch die Tages-Jobvermittlung davon betroffen. Dort standen die Arbeitssuchenden schon am vergangenen Mittwoch vor geschlossenen Türen. Die betroffenen Beschäftigten sollen neue Aufgaben in der Arbeitsvermittlung bekommen.

Nach den Kürzungen der Ein-Euro-Jobs von jetzt 6.000 Stellen auf 3.900 im Jahr 2012, ist dies die zweite Folge einer Neuausrichtung in der Hamburger Arbeitsmarktpolitik. Ziel ist es, nicht-sozialversicherungspflichtige Beschäftigung abzubauen.

Das geht aus einem Schreiben hervor, das Friedhelm Siepe, der Geschäftsführer der Team Arbeit Hamburg, an die Mitglieder des zentralen Beirat der Arbeitsagentur gesandt hat. Dort wird die Schließung der Job-Vermittlung damit begründet, dass kurzfristige und geringfügige Jobs "keinen entscheidenden Beitrag dazu leisten, den eigenen Lebensunterhalt dauerhaft unabhängig von der Grundsicherung zu bestreiten". Im Gegenteil, Tages-Jobs würden "eher zu einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit und Hilfebedürftigkeit führen". Die Menschen sollen zukünftig auf eine existenzsichernde Tätigkeit vorbereitet werden, schreibt Siepe, und bezieht sich dabei auf das mit der Agentur für Arbeit und dem Senat erarbeitete Arbeitsmarktprogramm 2012.

Dieser Argumentation kann Kai van Vormizeele von der Arbeitslosen-Telefonhilfe nicht folgen: "Gerade für Menschen mit geringer Qualifikation war dieses Angebot wichtig." Es gäbe kaum feste Jobs. Tagesjobs könnten ein Baustein sein, um Arbeitslose aus ihrer Situation zu holen und ihnen Erfolgserlebnisse zu verschaffen.

Das sieht Wolfgang Völker, bei der Diakonie Hamburg zuständig für Arbeitslosigkeit und Armut, genauso: Um Arbeitslose zu stabilisieren, seien Tages-Jobs ein vernünftiges Angebot. Betroffene würden einer Möglichkeit beraubt, für sich selbst zu sorgen, und in einer Notsituation kurzfristig Geld zu verdienen.

Die Behörde für Arbeit fühlt sich für diese Entscheidung nicht zuständig. Das sei Angelegenheit der Agentur für Arbeit, sagt Nicole Serocka, Sprecherin von Senator Detlef Scheele (SPD). "Wir können es uns aber nicht leisten, die Menschen zu verlieren", sagt Serocka. Der Senat wolle die Menschen qualifizieren. "Der Fachkräftemangel für die nächste Jahre ist immens."

Doch nicht alle Menschen könnten durch Qualifizierungsmaßnahmen erreicht werden, sagt Völker. Den Arbeitslosen gehe nun eine wichtige Alltagshilfe verloren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • S
    systemix

    Dieses Buhei um Jobvermittlung ist doch eine weitere Kampagne zur Volksverdummung. Es darf doch wohl nicht wahr sein, dass hier ernsthaft den "Ein-Euro-Jobs" nachgetrauert wird. Wie tief ist der deutsche Untertan denn schon gesunken? Die durchschnittliche Vermittlungsquote aus einer AGH in den 1. Arbeitsmarkt beträgt in Wirklichkeit nur 10% laut Arbeitsagentur im Interview mit dem DLF.

     

    Haben denn hier schon Alle vergessen, dass dieses HARTZ IV nichts anderes ist als ein Erpressungswerkzeug für die arbeitende Bevölkerung. "Wer nicht arbeitet, der braucht auch nichts zu essen", sagte Franz Müntefering. Das war für ihn die Endlösung der Arbeitslosenfrage und breiter Konsens in der SPD. Wozu dann noch noch HARTZ IV? Damit die noch arbeitende Bevölkerung sich bereitwillig ausbeuten lässt, nur um nicht in den "Genuss von Leistungen nach dem SGB II" zu gelangen.

     

    Diese menschenunwürdige Unterdrückungsreform gehört vollends abgeschafft. Aber der typische deutsche Masochismus bastelt lieber ein wenig daran, wie er die Folterwerkzeuge ein wenig hautverträglicher gestalten kann. Was für ein Volk ist das?

  • WB
    Wolfgang Banse

    Fehlentscheidung

    Das Einstellen der Tages-Job durch die Agentur für Srbeit kann man als Fehlentscheidung bezeichnen.Viele Menschen haben durch die Annahme von Tages Jobs gezeigt ,dass sie Arbeitswillig - und fähig sind.Lieber befristet eine berufliche Tätigkeit nach gehen ,als unbefristet erwerbslos zu sein.Vielleicht wird durch ein TagesJob ei zeitlich befristeter beziehnugsweise unbefristeter Job?!

  • M
    Mario

    Also, wenn es wirklich um die Qualifizierung von Arbeitskräften geht, dann gibt es aber ganz andere Mittel und Methoden. Und es stellt sich doch die Frage, ob die Behörde hier wirklich ehrlich ist und die Wahrheit sagt: Momentan werden praktisch keine Leute aus dem ALG II (Hartz) umgeschult. Sogenannte Trainingsmaßnahmen sind das angewendete Instrument und das läuft mit großen Chaos und meist mit gar keiner Wirkung (manchmal auch Miniwirkung) ab.

     

    Wenn also wirklich der anstehende Fachkräftemangel das Problem für die Behörde ist, dann würde man aber auch echte Taten erwarten und nicht die Schließung von Jobervermittlungen, die nun wirklich nicht die größten Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt erzeugen.

     

    Das Argument stimmt doch in keinster Weise. Schwarzarbeit, 1-EURO-Jobs, Niedriglöhne und Zeit- bzw. Leiharbeit - das sind die Probleme und die kosten den Staat doppelt Geld und sind für die Betroffenen häufig großer Horror und Alptraum, denn wer arbeitet schon gerne und verdient dabei nicht mal?