Arbeitsmarktpolitik der EU: Jobgarantie für Jugendliche

EU-Sozialkommissar Laszlo Andor plant eine Beschäftigungsgarantie für Europäer unter 27 Jahren. Finnland prescht bereits 2013 vor.

Damit sie nicht demonstrieren, sollen sie arbeiten: Jugendliche in Pamplona. Bild: dapd

BRÜSSEL/HELSINKI taz | Jahrelang hat die EU die grassierende Jugendarbeitslosigkeit ignoriert, jetzt will sie endlich handeln. Am Mittwoch legt EU-Sozialkommissar Laszlo Andor in Brüssel einen Aktionsplan vor, der eine sogenannte Jugendgarantie erhält: Spätestens vier Monate nach Schulabschluss oder Verlust des Arbeitsplatzes soll jeder Jugendliche einen neuen Job oder mindestens einen Ausbildungsplatz oder eine Weiterbildung erhalten. Alle 27 EU-Staaten sollten sich an Ländern wie Finnland ein Beispiel nehmen, wo es ähnliche Garantien bald geben soll, teilte die EU-Kommission mit.

Andor will auch Leitlinien vorlegen, damit die neue „Jugendgarantie“ schnell und EU-weit umgesetzt wird. Allerdings: Das Ganze soll zunächst freiwillig sein. Länder, die nicht mitmachen, müssen keine Sanktionen fürchten. Wo genau die Altersgrenze liegt, ist unklar.

Ein „Verbot“ der Jugendarbeitslosigkeit, über das die FAZ am Montag berichtet hatte, ist also nicht geplant. Andor würde zwar nur zu gerne hart gegen all jene vorgehen, die der Jugend keine Chance geben – der Ungar ist einer der wenigen in der Brüsseler Behörde, die sich der neoliberalen Marktideologie widersetzen.

Andor fehlt die Hausmacht

Angesichts von Jugendarbeitslosenquoten von 50 Prozent und mehr wie in Griechenland und Spanien wäre dies auch dringend nötig. Doch Andors Budget ist klein, er hat keine starke Hausmacht. Damit der ehrgeizige Plan Wirklichkeit wird, muss viel Geld fließen – und genau daran dürfte Andor scheitern. Mindestens 10 Milliarden Euro würden bis 2020 benötigt, schätzt das Europäische Jugendforum. Es kämpft seit Jahren für eine Jobgarantie.

Andor stellt dafür jedoch kein eigenes Budget bereit. Er setzt offenbar auf Initiativen der EU-Länder, die mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert werden könnten. Doch viele Staaten zögern, auch Deutschland. Die Regierung verweist auf das vergleichsweise hohe Niveau der Berufsbildung und auf den Ausbildungspakt, der jedem Jugendlichen eine Lehrstelle sichern soll. Zudem sparen die Länder, wo sie können – auch bei den Jugendlichen. Wegen des Sparzwangs ist derzeit gar eines der erfolgreichsten EU-Projekte überhaupt in Gefahr – das Studentenaustauschprogramm Erasmus.

Immerhin kann Andor auf einige Vorbilder verweisen – zum Beispiel Finnland. Bereits zum 1. Januar 2013 führen die Nordeuropäer eine Beschäftigungsgarantie für Personen unter 25 Jahren sowie neuexaminierte Studenten unter 30 Jahren ein. Diese „Ungdomsgaranti“ sichert den Betroffenen binnen drei Monaten einen Platz in einem Ausbildungs-, Praktikanten-, Workshop- oder Rehabilitationsprogramm.

Finnisches Schwerpunktprojekt

Die Mitte-Links-Regierung unter Ministerpräsident Jyrki Katainen bezeichnet das Gesetz als eines ihrer Schwerpunktprojekte. Laut Eurostat-Zahlen liegt die Jugendarbeitslosigkeit in Finnland mit 17,8 Prozent zwar „nur“ im unteren EU-Viertel, doch derzeit geht ihre Zahl wieder nach oben.

Helsinki spricht von einem „Public-Private-People-Partnership-Modell“ und fordert Einsatz von Behörden, Firmen, Institutionen und den Betroffenen selbst, um die Beschäftigungsgarantie auch verwirklichen zu können.

Konkret soll die Zahl der Berufsausbildungsplätze erhöht werden. Zudem wird eine Anstellung eines arbeitslosen Jugendlichen künftig mit monatlich 800 Euro gefördert. Mit einem speziellen Programm will man zudem das Ausbildungsniveau von Jugendlichen aus Migrantenfamilien heben. Insgesamt wurden im Etat zunächst 60 Millionen Euro für die „Ungdomsgaranti“ bereitgestellt.

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