Arbeitsmarkt in Ostdeutschland: Demografischer Wandel trügt
Eine Studie bringt ans Tageslicht: Im Osten sinkt die Zahl der Arbeitskräfte - doch das hilft den Erwerbslosen nicht. Experten fordern Investitionen in Bildung und Forschung.
BERLIN taz | In den neuen Bundesländern und Berlin wird der demografische Wandel in Zukunft zu deutlichen Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt führen. Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) gehen in einer neuen Studie davon aus, dass es in Ostdeutschland bis 2025 rund 2,3 Millionen weniger Arbeitskräfte geben wird.
Die Gründe dafür sind vor allem demografischer Natur: Nach der Wende halbierte sich im Osten zeitweise die Geburtenrate. Dieser Bevölkerungsrückgang qua "Geburtenausfall" werde zudem durch die anhaltende Abwanderung ostdeutscher Arbeitskräfte in die alten Bundesländer verstärkt, so die Erklärung der Forscher für die künftigen "gravierenden Veränderungen beim Arbeitskräfteangebot".
Was bedeutet das für den ostdeutschen Stellenmarkt? Zwar werde sich, rein rechnerisch betrachtet, durch ein geringeres Arbeitskräfteangebot die Anzahl der unterbeschäftigen Personen im Osten deutlich reduzieren - um mehr als drei Viertel auf eine halbe Million. Doch warnen die Forscher des IAB vor der einfachen Annahme, dass sich das "ostdeutsche Arbeitslosigkeitsproblem quasi von allein löst".
Letztlich kommt es vielmehr darauf an, ob die Puzzleteile aus Angebot und Nachfrage auch zusammenpassen. Und genau da sehen die Arbeitsmarktforscher ein Problem: Sie sagen für Ostdeutschland einen Fachkräftemangel voraus. Statt rosiger Zeiten also einerseits Mangel an qualifiziertem Personal, andererseits gleichbleibend hohe Arbeitslosigkeit. Spätestens wohl in 20 Jahren werde das "Potenzial gut qualifizierter Arbeitskräfte deutlich gesunken sein", Betriebe könnten dann händeringend nach Fachkräften suchen. Sie müssen sich zudem auf deutlich mehr ältere Arbeitnehmer einstellen.
Um den Arbeitsmarkt in Ostdeutschland zu stabilisieren, fordern die IAB-Experten Investitionen in längerfristig ausgerichtete Bildungs- und Forschungsvorhaben. Ihre Hoffnung besteht im Aufbau eines Hochtechnologiestandorts Ostdeutschland. Wenig Chancen räumt die Studie der Möglichkeit ein, den demografischen Trend auf absehbare Zeit zu stoppen. Eine rasche und kräftige Erhöhung der Geburtenrate sehen die Autoren als genauso unwahrscheinlich an wie ein bedeutendes Maß an "Zuwanderung von In- und Ausländern".
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