piwik no script img

Arbeitskosten in DeutschlandDie Löhne sollen weiter steigen

Die deutsche Wirtschaft ist auch bei wachsenden Einkommen konkurrenzfähig. Das sagen zumindest gewerkschaftsnahe Ökonomen.

Nicht alle verdienen gleich viel, aber alle verdienen immer mehr in Deutschland. Foto: dpa

BERLIN taz | Gute Nachricht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer: Die Löhne steigen im Jahr 2015 stärker als im Durchschnitt der Jahre seit 2000. Für die Unternehmen sei das jedoch kein Problem, erklärte Gustav Horn, Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie (IMK). Die deutsche Wirtschaft verfüge über eine hohe Konkurrenzfähigkeit.

Horn empfahl deshalb eine Lohnsteigerung von gut drei Prozent für 2016. Vor zu viel Euphorie warnte dagegen das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft: Langfristig schade es Deutschland, wenn seine preisliche Wettbewerbsfähigkeit sinke.

Die nominalen Arbeitskosten in Deutschland nahmen 2014 um 1,8 Prozent zu, errechnete das IMK. In der Europäischen Union stiegen sie um 1,5 Prozent, im Euroraum um 1,3 Prozent. Die nominalen Arbeitskosten umfassen unter anderem die Bruttolöhne, Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung und Ausgaben für Fortbildung. Im ersten Halbjahr 2015 wuchsen die Einkommen der Beschäftigten dann erheblich mehr – um drei Prozent.

Eine Arbeitsstunde kostete im vergangenen Jahr durchschnittlich 31,90 Euro – wobei deutsche Dienstleistungsfirmen 29,10 Euro zahlten, Industrieunternehmen 37 Euro. Deutschland stand damit hinter Dänemark (42,10 Euro), Belgien, Schweden, Luxemburg, Frankreich (35,30 Euro), den Niederlanden und Finnland auf dem achten Platz unter 28 EU-Staaten.

Die Balance auf dem deutschen Arbeitsmarkt neigt sich zugunsten der Beschäftigten.

IMK-Direktor Gustav Horn

Für die vergangenen zwei Jahre sah Horn „einen neuen Trend“: Die hiesigen Löhne und Lohnkosten steigen nun etwas schneller als der europäische Durchschnitt. „Ab 2015 macht sich die Wirkung des Mindestlohns bemerkbar“, sagte der IMK-Direktor. Die Unternehmen müssen deshalb mehr zahlen als früher.

Gleichzeitig läuft die Wirtschaft gut und die Bürger kaufen viel ein. Weil die Betriebe in der Folge mehr Personal brauchen und die Arbeitslosigkeit sinkt, verbessert sich die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer. Horn: „Die Balance auf dem deutschen Arbeitsmarkt neigt sich zugunsten der Beschäftigten.“

Diese Entwicklung bereite der Wirtschaft trotzdem keine Probleme, erklärte das IMK. Wegen der vergleichsweise geringen Lohnsteigerungen seit 2000 habe Deutschland immer noch einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen europäischen Staaten. Zwischen 2000 und 2015 seien die Lohnstückkosten – die Arbeitskosten pro produzierter Einheit – um 12 Prozent weniger gestiegen als im Durchschnitt des Euroraumes.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Ich habe sämtliche Gehaltserhöhungen der letzten 30 Jahre miterlebt und bekomme heute mehr als doppelt so viel Gehalt, wie Mitte der 80er Jahre. Mein Lebensstandard ist dabei nur sehr unwesentlich gestiegen.

    Ich denke da mal jetzt nicht drüber nach und versuche mich über die zu erwartende (Pseudo-) Lohnsteigerung.

  • Die Lohnstückkosten sind in den letzten um 12% weniger gestiegen als im Ausland. Heißt für mich nun, dass wir "effizienter" arbeiten und dadurch mehr verdienen dürfen und es nicht tun. Seit wann schadet eigentlich ein unter kapitalistischen Gesichtspunkten gerechter Lohnanstieg einer Volkswirtschaft? Sollte der Mindestlohn in die Bilanz mit einfließen, sollten doch auch die, die zu wenig verdient haben, etwas mehr Geld ausgeben können. Und das müssten doch sehr viele sein. Kurzum, ich verstehe einfach niemals, warum immer die wirtschaftliche Situation des "Marktes" losgelöst vom Arbeitnehmer beschrieben wird und immer der Arbeitnehmer in der Einstufung selbstverständlich hinter den "Markt" eingeordnet wird. Bitte klärt mich auf!