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Arbeitskampf bei der BSRStreikbereit am Bratwurststand

Die Verhandlungen um den Tarifvertrag im öffentlichen Dienst bewegen sich kaum voran. In Berlin erhöht die Stadtreinigung den Druck

Könnte im Laufe der Woche noch voller werden: Eine ungeleerte Mülltonne Foto: dpa | Sebastian Gollnow

Berlin taz | Dienstag früh, 8.30 Uhr. Auf dem Weg zum BSR-Betriebshof in der Mühlenstraße in Friedrichshain sind die Folgen des Warnstreiks schon deutlich sichtbar. Auf der Ausgehmeile Warschauer Straße quellen die Mülleimer schon am zweiten Tag des Warnstreiks über. Schwarze und Grüne Tonnen stehen bis zum Rand gefüllt vor Hotels und Geschäften.

Das Wetter ist kalt und nebelig, doch bei dem Streikposten vor dem Betriebshof ist die Stimmung gut. Mehrere Dutzend Menschen in BSR-orangenen Jacken und Verdi-Warnwesten sind heute hier und wärmen sich an Kaffee und frisch gegrillten Bratwürsten.

„Ich find’ das schön, dann sehen die Leute mal, was passiert, wenn wir nicht unterwegs sind“, sagt eine Beschäftigte, die lieber anonym bleiben will. Sie arbeitet seit 10 Jahren in der Straßenreinigung, macht Straßen sauber, leert Papierkörbe, räumt Schnee, wenn es nötig ist. „Man kann das schon mal wertschätzen, was wir hier leisten.“

Man – das sind in diesem Fall die kommunalen Arbeitgeberverbände, die gerade mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvÖD) verhandeln. Dabei geht es nicht nur um die Löhne der Berliner BSR-Beschäftigten, sondern aller bei Bund und Kommunen beschäftigten Arbeiter:innen. Dazu gehören unter anderem auch Pfleger:innen, Verwaltungsangestellte, Er­zie­he­r:in­nen und Flughafenpersonal.

Es geht auch unbefristet

Es geht also um viel Geld, was die Länder und Kommunen angesichts strikter Haushaltsdisziplin nicht haben. Am Freitag steht die nächste Verhandlungsrunde an, bislang hat die Arbeitgeberseite noch nicht mal ein Angebot vorgelegt.

Dementsprechend kämpferisch ist die Stimmung auf dem Streikposten. „Wenn in der dritten Verhandlungsrunde nichts kommt, können wir auch unbefristet streiken!“, ruft der BSR-Beschäftigte Carlos Seefeldt in einem Redebeitrag, „Die BSR lässt sich nicht verarschen.“

Viel Hoffnung, dass die Arbeitgeberseite sich bewegt, haben die Beschäftigten hier allerdings nicht. Daran ändert auch das hunderte Milliarden schwere Sondervermögen für Infrastruktur nichts, über das CDU und SPD gerade verhandeln. „Das wird nicht bei uns landen“, vermutet Christoph Henke, ein Mitarbeiter in der BSR-Betriebskantine, „Merz steht nicht unbedingt für den öffentlichen Dienst“.

Auch Henke, der seit 10 Jahren bei dem landeseigenen Unternehmen arbeitet, wünscht sich, dass sein Beruf mehr Anerkennung erfährt. Verdi fordert im Schnitt 8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro pro Monat und zusätzliche freie Tage.

Wachsende Müllberge

Die könnte Henke gut gebrauchen. Eigentlich plane er zwecks Familienplanung in eine größere Wohnung zu ziehen, doch die hohen Mieten überall in Berlin seien mit dem BSR-Gehalt nicht vereinbar. „Wir Betriebskräfte sind das untere Ende der Nahrungskette“, sagt Henkel.

Bis zum Ende der Woche legt die Stadtreinigung noch die Arbeit nieder. Bis dahin werden die Müllberge weiterwachsen und die ein oder andere Bratwurst verdrückt werden.

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