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Arbeitsbedingungen von Uni-HilfskräftenAuf in den Arbeitskampf

An der Goethe-Uni in Frankfurt kämpfen Hilfskräfte für einen Tarifvertrag. Sollte es ihnen gelingen, könnte das Signalwirkung für andere Unis haben.

Streiken für mehr Absicherung: Hilfskräfte an der Goethe-Universität in Frankfurt. Foto: Hilfskraft-Initiative

Frankfurt taz | Die Hilfskraft-Initiative der Goethe-Universität in Frankfurt mobilisiert seit über einem Jahr und ruft sogar zum Streik auf. Nun hat sie einen Teilerfolg erreicht. Die Goethe-Universität hat ihre Löhne erhöht und kündigt eine Dynamisierung in der Lohnentwicklung angepasst an die Gehälter der Unimitarbeiter an.

An der Tür der Zweigbibliothek Psychologie, Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften prangten am Mittwoch mintgrüne Zettel. „Wir müssen heute leider schon um 19.00 Uhr schließen.“ Normalerweise hat die Bibliothek der Frankfurter Uni bis 22 Uhr geöffnet.

Der Grund, warum die Einrichtung frühe schließen muss, steht und sitzt nur wenige Meter davon entfernt – und zwar in bester Arbeitskampflaune. Im Foyer haben sich unter einem metergroßen Transparent mit der Aufschrift „Tarifvertrag für Hilfskräfte JETZT“ rund 200 Hilfskräfte und Sympathisanten der Universität versammelt. Sie streiken.

„Wir wollen zeigen, dass ohne uns nicht viel geht in der Uni“ sagt Marie Diekmann, die sich in der Hilfskraft-Initiative engagiert. Seit über einem Jahr führt sie die Auseinandersetzung mit der Goethe-Universität. Denn die Arbeitsbedingungen für Hilfskräfte sind mau. Sie werden als Sachmittel geführt. Als solche haben sie keinen Anspruch auf eine Personalvertretung, Urlaubsansprüche werden nicht immer akzeptiert, teils auch aus Unwissenheit.

Wacklige Selbstverpflichtung

Und die Initiative kann auf erste konkrete Erfolge blicken. Sie hat eine Lohnerhöhung, die zweite in zwanzig Jahren, erkämpft und durchgesetzt, dass Atteste erst am dritten Krankheitstag vorgelegt werden müssen. Am Montag verständigte sich das Präsidium zudem darauf, die Stundensätze der Hilfskräfte wie bei den Angestellten der Stiftungsuniversität ab 2017 regelmäßig anzupassen. Dabei sollen sie sich an den Steigerungen der Entgeltgruppen 10 bis 15 orientieren, heißt es in einer Stellungnahme des Präsidiums der Goethe-Universität.

Diekmann begrüßt diese Entwicklungen. Doch sie will weiter für den Tarifvertrag kämpfen: „Nur so haben wir verbindliche und vor allem dauerhafte Sicherheit“, so Diekmann. Die Selbstverpflichtung kann nämlich im Gegensatz zu einem Tarifvertrag schnell wieder gekippt werden. Der Senat hatte sich bereits im Mai den Forderungen der Initiative angeschlossen.

„Nur ein Tarifvertrag bringt Rechtssicherheit“, betont auch Tobias Cepok, Referent für Hochschule und Forschung der GEW Hessen. Die Regionalverbände von GEW und DGB unterstützen die Forderungen der Hilfskräfte und haben für sie zum Streik aufgerufen. „Es werden noch harte Auseinandersetzungen“, prognostiziert der Gewerkschafter Cepok.

Dauerhafte Sicherheit

Denn: Ein Tarifvertrag an der Goethe-Uni könnte Signalwirkung haben für andere Hochschulen im Land. Und das würde das Land Hessen teuer zu stehen kommen. Die nächste Runde, in der es um die Aufnahme der Hiwis in den Hausvertrag der Goethe-Uni geht, ist für den 22. Januar angesetzt.

Der Tarifvertrag ist eine der Hauptforderungen der Initiative. Überall winkt er von knall-lila Flyern und Zetteln. „Diese Forderung ist uns auch deshalb so wichtig, weil unsere Siege immer nur mühsam errungen und punktuell sind“, erklärt Diekmann, die selbst Hilfskraft ist. Ein Tarifvertrag würde hier strukturelle und dauerhafte Sicherheit bringen. Denn gerade bei den Hilfskräften, die oft kurzfristig beschäftigt sind, ist eine Vernetzung und Mobilisierung nicht einfach.

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3 Kommentare

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  • Spannend!

  • Es fehlen leider einige Informationen.

    Soll in dem Tarifvertrag das aufgenommen werden, was bisher erreicht wurde? Oder weitere Forderungen? Längerfristige Beschäftigung ? Wäre die nicht immer noch prekär da eine HiWi nur wenige Stunden pro Monat arbeitet?

    Eine Absicherung kann man nur begrüßen.

    Klar ist aber auch, was passiert, wenn es deutlich teuerer wird: es wird an anderen Stellen zu Kürzungen kommen. Zb bei der Öffnungzeit der Bibliothek, weil für den Betrag X jetzt nur noch n-1 anstelle von n HiWis eingestellt werden. Und wieder eine Nebenfinanzierungquelle für Studies weniger.

    • @fly:

      Der Hauptkostenfaktor für Hochschulen liegt heutzutage weniger bei direkt angestelltem Personal, sondern in der Auslagerung und Teilprivatisierung kompletter Bereiche. Das scheint auf den ersten Blick günstiger zu sein, vor allem gibt es Subventionen und günstige KfW-Kredite, aber am Ende kommen Mehrkosten wie ein Boomerang zurück.

       

      Schon in den 1980er-Jahren, als ich an der FU Berlin studierte und die FU-Jobvermittlung "Heinzelmännchen" (Träger: Studentenwerk) als Konsens ausgab, niemals Jobs für weniger als 12,50 DM/h anzubieten bzw. als Studi anzunehmen, waren die Jobs, die das Studentenwerk anbot teilweise nur mit 8 oder 8,50 bezahlt.