: Arbeitet Lonza illegal?
■ Ermittlungen wegen der PVC–Produktion bei der Alusuisse–Tochter / Einleitung durch menschliches Versagen
Freibung (taz) - Bei dem „Störfall“ auf dem Firmengelände der Firma Lonza in Waldshut–Liengen sind am Dienstag insgesamt etwa 2.500 Kilogramm pulvriges PVC in den Rhein geflossen. Mit dem PVC gelangte auch der krebserregende Inhaltsstoff Vinylchlorid in den Fluß. Die Waldshuter Firma hat inzwischen „doppeltes menschliches Versagen“ für den Unfall verantwortlich gemacht, der von Anwohnern entdeckt worden war, nachdem bereits eine Stunde lang das Gift über das Kühlwassersystem in den Rhein geflossen war. Ein Mitarbeiter habe irrtümlich einen Hahn offengelassen, erklärte die Firmenleitung, und zugleich sei vergessen worden, daß für Versuchszwecke ein Kanal in den Rhein gelegt worden war. „Wenn etwas schief geht, dann geht eben alles schief“, bemerkte Firmensprecher Schildknecht. Erst vor wenigen Wochen war das Waldshuter Lonza–Werk in die Schlagzeilen geraten, nachdem die Staatsanwaltschaft Waldshut ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hatte: Nach Auskunft der Fahnder besteht der Verdacht, daß die Lonza eine Anlage oder Anlageteile zur Produktion von PVC ohne die nötigen Genehmigungen betrieben habe und daß bei der Abgabe des krebserregenden Stoffes Vinylchlorid die gesetzlichen Grenzwerte überschritten worden seien. Am 11. November wurden bei einer richterlichen Durchsuchung Akten beschlagnahmt. Offenbar fehlen für zwei der insgesamt elf Rührwerke die erforderlichen Betriegsgenehmigungen. Das Regierungspräsidium Freiburg hat die Stillegung der beiden Rührwerke verfügt, wogegen die Lonza Einspruch einlegte. Schließlich wurde bekannt, daß die PVC–Produktion bei Lonza bisher bereits drei Krebstote ge fordert hat: Die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie hat bei drei verstorbenen Arbeitern, die zu Beginn der sechziger Jahre ihre Arbeit bei Lonza aufnahmen, nachträglich eine Berufskrankheit anerkannt. Die Arbeiter waren seinerzeit dem bei der PVC–Produktion eingesetzten Gas Vinylchlorid (VC) ausgesetzt gewesen. Zu jener Zeit, so schreibt die Lonza AG in einer Stellungnahme, sei man sich der Gefährlichkeit des Gases noch nicht bewußt gewesen. Die Lonza–AG gehört zum Alusuisse– Konzern und hat ihren Hauptsitz in Basel.
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