Arabischer Inhaber: „Thor Steinar“ nicht mehr deutsch
Die bei Neonazis populäre Kleidungsmarke wurde verkauft – an eine arabische Firma. Die rechte Szene grübelt, ob ein „Thor Steinar“-Boykott her muss.
Der bisherige MediaTex-Chef Uwe Meusel sagte in der Berliner Morgenpost, das Unternehmen plane eine „weltweite Expansion“. Demnach seien neben 20 neuen Geschäften in Deutschland weitere Neueröffnungen in Nordamerika, Russland, Asien und im Baltikum geplant. Gegenüber der taz wollte Meusel keine weiteren Angaben über Pläne des Unternehmens machen.
Bei den rechten TrägerInnen der Marke rief die Nachricht unterschiedliche Reaktionen hervor. Im Internet kursieren einige Boykottaufrufe. „Das sind eher Einzelstimmen“, schätzt Toni Peters vom antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (apabiz) die Aufregung unter den Rechten ein. Hinter dem Verkauf der Marke vermutet er marktwirtschaftliche Spekulationen der früheren EigentümerInnen: „Als Geschäftsmann ist einem das egal, wo der Investor herkommt.“ Mit einer Entfernung von der rechten Szene habe der Verkauf nichts zu tun.
Die Szene scheint uneins zu sein, wie mit den neuen Eigentumsverhältnissen umzugehen ist. „Meine alten Sachen trage ich weiter und das wars dann mit ,Thor Steinar' „, kündigt jemand in einem rechten Forum an. Andere User sprechen von einer Betrugsmaschinerie, weil wider Erwarten keine Verkaufserlöse in die rechte Szene geflossen seien und die Firma jetzt ins Ausland ginge.
Außerdem gebe es immer wieder Ärger, wenn man Textilien der Marke trägt. „Ärger, den ich gern in Kauf nehme, wenns um meine Ideologie geht, nicht aber für irgendwelche Investoren aus Dubai“, schreibt ein erboster „Hagelsturm“. Andere kümmert der Verkauf wiederum wenig: „Ist mir egal, ist für mich persönlich kein Grund, die Kleidung jetzt zu meiden“, so eine Stimme.
Die Marke ist in rechten Kreisen beliebt, weil sie sich eines mythisch-germanischen Gestus bedient. So wurden in der Vergangenheit unter anderem Runenzeichen verwendet. „Was die Marke attraktiv macht, ist ihr uneindeutiges Spielen mit rechten Symbolen“, sagt Toni Peters. „Mit der Kleidung kann man sich bekennen, ohne sich bekennen zu müssen.“ Die Herstellerfirma dementierte immer wieder, Kontakte zur rechten Szene zu haben, und stellte sich in der Öffentlichkeit als unpolitisch dar.
Dass die Herkunft der FirmenbesitzerInnen von Kleidungsstücken bei Menschen mit nationalistischer Gesinnung eine Rolle spielt, liegt nahe. Es sei besser, Marken zu unterstützen, die in Deutschland produziert werden, stellt zum Beispiel ein „Mittelfranke“ in einem rechten Internetforum fest. Doch die Marke „Thor Steinar“ scheint da kein Einzelfall zu sein: „Selbst die T-Hemden von nationalen Versandhäusern kommen meist aus Asien und werden bei uns lediglich noch bedruckt.“ Gekauft werden sie trotzdem.
Auch Peters vom apabiz glaubt nicht, dass „Thor Steinar“ Beliebtheit unter Neonazis einbüßen wird. „Bei der Klientel ist das eher eine Frage der Verfügbarkeit.“ An Reiz hätte die Marke durch die arabische Übernahme nicht verloren. Noch immer befriedige sie das Bedürfnis nach zeitgemäßer Kleidung in rechten Kreisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ministerpräsident in Thüringen gewählt
Mario Voigt schafft es im ersten Versuch
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“