Arabische Liga verstärkt Beobachtereinsatz: Keine Hilfe der UN gewünscht
Die Beobachter fordern mehr Unabhängigkeit und mehr Ressourcen für ihre Arbeit. Das Regime soll zum Ende der Gewalt "gedrängt" werden. Dann soll der Friedensprozess ohne die UN beginnen.
KAIRO rtr | Die Arabische Liga drängt Syrien zu einem Ende der Gewalt gegen Regierungsgegner und verlangt mehr Unabhängigkeit für ihre Beobachter. Nach Einschätzung der Staatengemeinschaft hat die Regierung in Damaskus ihre Versprechen allenfalls teilweise umgesetzt - darunter ein Ende der Niederschlagungen, eine Freilassung politischer Gefangener und einen Truppenabzug aus den Städten. Dennoch verzichtete die Arabische Liga nach einem Treffen am Sonntag in Kairo auf die Hilfe von Experten der Vereinten Nationen.
Laut Abschlusserklärung wird die Zahl der Beobachter von derzeit 165 weiter aufgestockt. Zudem sollen die Beobachter, deren Einsatz als wirkungslos kritisiert wird, mit mehr Ressourcen ausgestattet werden. Der Einsatz, mit dem die Liga die Umsetzung eines Friedensplans überwachen will, gibt nach Einschätzung syrischer Oppositioneller der Regierung von Präsident Baschar al-Assad nur noch mehr Zeit, gegen Kritiker vorzugehen. Trotz der Entsendung werden Menschenrechtlern zufolge Oppositionelle getötet.
Die Fortsetzung des Einsatzes hänge davon ab, ob die Regierung die Gewalt beende und den Friedensplan umsetze, erklärten Liga-Vertreter. Die Außenminister sollen dazu am 19. und 20. Januar zu Beratungen über einen Abschlussbericht zusammenkommen.
Deserteur fordert zur Suche nach Massengräbern auf
In Syrien dauerten die Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Gegnern von Assad an. In der südlichen Provinz Daraa wurden nach Angaben von Menschenrechtlern am Sonntag elf Soldaten getötet und 20 weitere verletzt. Seit Beginn des Aufstands gegen Assad vor zehn Monaten sind nach UN-Angaben mehr als 5000 Menschen getötet worden. Aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte hat die Arabische Liga Syriens Mitgliedschaft ausgesetzt.
In Damaskus wurde am Samstag der 26 Todesopfer einer Explosion in der syrischen Hauptstadt gedacht. Auf Aufnahmen des staatlichen Fernsehens waren in den Straßen viele Menschen zu sehen, die in Sprechchören ihre Unterstützung für Assad bekundeten. Nach Darstellung der Behörden sprengte sich am Freitag ein Selbstmordattentäter in die Luft. Die Opposition wirft den Behörden vor, selbst für den Anschlag verantwortlich zu sein, um das Vorgehen gegen Regimegegner zu rechtfertigen.
Aus Protest gegen die Gewalt verweigern einem TV-Bericht zufolge immer mehr Soldaten den Gehorsam. Auch ein Oberst einer Logistikdivision der Luftwaffe in Hama sei zusammen mit bis zu 50 weiteren Soldaten desertiert, berichtete Al-Dschasira am Samstag. Der Mann wurde mit den Worten zitiert, die Soldaten hätten die Streitkräfte verlassen, nachdem sie Zeugen von Gräueltaten der Armee gegen Demonstranten geworden seien.
Der Soldat rief zugleich die Beobachter der Arabischen Liga auf, in Hama nach Massengräbern zu suchen. Dort gebe es drei Grabstätten mit mehr als 460 verscharrten Leichen.
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