berlinmusik: Apropos Wucht
Der Spirit, der derzeit im Berliner Gitarren-Underground herrscht, ist schon bemerkenswert. Es gründen sich immer weiter neue Bands, aus alten Projekten werden neue. Gut so! Dog Dimension ist so eine neue Band, sie hat sich jüngst um Sängerin und Bassistin Josefine Lukschy und Gitarrist Alexander Meurer gebildet, die zuletzt in Diensten des super Krachpunk-Trios Bechamel standen. Nun ist Bechamel erst mal Geschichte, stattdessen haben die beiden Dog Dimension gegründet, um sich voll und ganz dem Noiserock zu widmen. Bei den vier Stücken auf der Debüt-EP „Life Vest“ kommen einem Washington D.C. und die dortige Gitarrenszene um das Label Dischord Records in den Sinn, genauso gibt es Schnittmengen zu hiesigen Neunziger-Acts wie Party Diktator oder Kurt. Allerdings stehen Dog Dimension noch ganz am Anfang: Zwar sind es erkennbar gute Songs, die hier zu hören sind, aber die Aufnahmen klingen so, wie „Early Demo“-Aufnahmen eben klingen – äußerst charmant, aber es fehlt noch an Wucht. Live darf man auf dieses neue Szenegewächs sehr gespannt sein.
Apropos Wucht, apropos Nebenprojekte, apropos Szenegewächs: Über die noch junge Band neànder ließe sich Ähnliches wie über Dog Dimension sagen – nur in Bezug auf die Metal-/Post-Metal-Szene. Drei Mitglieder der Band Ånd – namentlich Sebastian Grimberg, Patrick Zahn, Jan Korbach – haben sich 2017 mit Michael Zolkiewicz (von der Hardcore-Band Patsy O’Hara) zusammengetan, und das Ergebnis dieser Kollaboration ist auf dem selbst betitelten Debütalbum zu hören. Die fünf Stücke darauf – mit Längen von bis zu 9 Minuten – sind rein instrumental, es klingt eine Mischung aus Postrock, klassischem Black Metal, Drone- und Ambient-Sounds an. Als Album funktioniert „neànder“ fast wie ein klassisches Drama: Das einleitende „Khàpra“ wäre dann mit seinen sphärischen Klängen die Exposition, das dritte Stück „Aăs“ (das mit seinen vielen Schleifen das überzeugendste ist) der dramaturgische Höhepunkt, ehe das Album nach einem Interlude („iimago“) zum epischen, sich dahinschleppenden Finale („Møder“) übergeht. Kathartischer Effekt inklusive. Ein gutes Debüt. Jens Uthoff
Dog Dimension: „Life Vest“ (WhoAreWeWhoWeAre), live: 22. 2., „The short jetzt“, Ziegrastr. 11, 21 Uhr Neànder: „neànder“ (Through Love Records/Indigo)
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