Apple: iPod wird zum Mini-iPhone
Apple rüstet drei iPod-Reihen auf und präsentiert ein neues Modell. Doch für Spekulationen sorgt vor allem eine satte Preissenkung des iPhones.
Steve Jobs ist es gewohnt, eine große Show aufs Parkett zu legen. Das gelang dem Apple-Gründer und Firmenchef auch gestern wieder, als er in San Francisco vor Pressevertretern und Analysten neue Modelle des populären Musikspielers iPod vorstellte. Der Veranstaltung waren wie so häufig bei Apple-Produktankündigungen eifrige Spekulationen im Internet vorhergegangen.
Die Vielfalt der Neuvorstellungen überraschte dann auch - gleich drei überholte iPod-Produktreihen stellte Jobs vor, plus einer gänzlich neuen. Zunächst nannte Jobs jedoch erst Geschäftszahlen - und die sind laut Apple gut. Der Online-Musik- und Videoladen iTunes soll demnach in allen 22 Märkten, in denen er vertreten ist, die Nummer eins sein, abgesetzt wurden seit Verkaufsbeginn laut Jobs über drei Milliarden Songs. In den USA ist Apple inzwischen drittgrößter Musikverkäufer gleich nach den Ladenketten Wal-Mart und Best Buy, obwohl der iTunes Store nur virtuell im Internet besteht. Auch interessant: Laut Jobs waren 2006 über 30 Prozent der Musikveröffentlichungen in den USA allein digital, lagen also nicht auf CD vor. "Wir sind weit gekommen", sagte der Apple-Chef dazu. Auch die iPod-Verkäufe laufen laut dem Unternehmer weiter gut - insgesamt 110 Millionen Stück der inzwischen bunten Musikspieler hat Apple in fünf Jahren abgesetzt.
Passend zum Handy iPhone, das Apple Ende Juni zunächst nur in den USA vorgestellt hatte, will die Firma nun auch Klingeltöne im Internet verkaufen. Die sind allerdings nur auf den ersten Blick kostengünstig: Für 99 US-Cent lassen sich bereits gekaufte Songs umwandeln, ganz neu kosten die für manchen Zeitgenossen nervenaufreibenden Sounds 1,98 Dollar. Immerhin kann man sich selbst aussuchen, welche Stelle eines Songs auf dem Handy klingelt - bis zu 30 Sekunden darf man sich selbst herausschneiden, was Apple mit einer eigenen Funktion innerhalb von iTunes gelöst hat. Dennoch kam das Klingelton-Thema bei den in San Francisco Marktbeobachtern nur halbherzig an, zumal es bereits jetzt Möglichkeiten gibt, das iPhone nach Wunsch tönen zu lassen.
Interessanter waren da schon die neuen iPods, die Steve Jobs im Anschluss hervorzauberte. Das gesamte Lineup wurde zum Weihnachtsgeschäft überarbeitet. Am wenigsten tat sich beim "iPod shuffle" - dem Einsteiger-Musikspieler. Das 79 Euro-Gerät ohne Bedienbildschirm wird künftig in mehr Farben ausgeliefert; wer will, kann mit der roten Variante der von U2-Sänger Bono angekurbelten Afrikahilfe "RED" etwas Gutes tun, da Apple hier 10 Dollar pro Stück spendet.
Beim kleinen "iPod nano", Apples MP3-Spieler, der sich am besten verkauft, tat sich viel. Er kann nun auch Videos abspielen und beherrscht alle Funktionen, die zuvor nur dem "großen" iPod vorbehalten waren. Das Design ist Geschmackssache: Der neue nano ist zwar klein, aber auch erstaunlich breit. Den Standard-iPod hat Apple umbenannt: Er heißt künftig "iPod classic". Hier gibt es einen neuen Look und mit 160 GB maximalem Speicher mehr Platz, als jede Musiksammlung brauchen könnte - über 40.000 Titel passen auf das Gerät.
Die größte Überraschung kam dann zum Schluss: Jobs zog mit dem "iPod touch" ein ganz neues und viertes iPod-Modell aus dem Hut, das er selbst als "eines der Weltwunder" titutlierte. Eigentlich handelt es sich dabei nur um ein abgespecktes iPhone: Der Musikspieler besitzt eine Internet-Funktion über WLAN, sieht aber dem Handy sonst sehr ähnlich. Auch die Bedienung über "Multitouch", also mit mehreren Fingern, ist genauso gelöst. Mit einem Browser kann der iPod touch auch ins Internet, auch hier ließ sich Apple vom iPhone inspirieren. Die große Ähnlichkeit sorgte bei Beobachtern für viel Erstaunen - nur Telefonieren kann man mit diesem iPod nicht, mit einer neuen Funktion ("Wi-Fi Store") dafür aber im Internet Musik kaufen.
Dafür braucht es weiterhin das iPhone, das Jobs zum Ausklang der Veranstaltung nochmal erwähnte - mit einer Preissenkung um satte 200 Dollar. Dies lässt breiten Spekulationsspielraum: Entweder verkauft sich das bisherige Modell nicht oder Apple will sehr aggressiv ins Weihnachtsgeschäft einsteigen. Laut Jobs wird Apple sein Millionstes iPhone noch im September verkaufen. Der Börse schmeckte die Preissenkung gar nicht: Sie gab der Apple-Aktie einen Abschlag von über 5 Prozent.
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