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Antje Lang-Lendorff fährt mit ihrem Fahrrad weiterhin mitten auf der StraßeMit breiten Schultern und kräftigem Tritt

Auf manchen Straßen Berlins stelle ich mir vor, ein Auto zu sein. Ich trete dann kräftig in die Pedale, mache die Schultern extra breit und fahre auf meinem Rad nicht im Abstand von einem, sondern zwei Metern an den parkenden Pkw vorbei. Dass bloß kein Vierräder hinter mir denkt, sich trotz des Gegenverkehrs vorbei drängeln und mich weiter an den Rand drücken zu können. Mich hat schon ein Mal eine sich öffnende Autotür aus dem Sattel geholt, das passiert mir nicht wieder.

Früher war dieses Ich-bin-ein-Auto-Ding auch auf der Warschauer Straße in Friedrichshain nötig. Das ist vorbei. Nach zwei langen Jahren der Baustellen zwischen Warschauer Brücke und Frankfurter Tor wurde die für 4,3 Millionen Euro neu gemachte Strecke vergangene Woche eröffnet. Wo früher Autos parkten, macht jetzt ein weißer, auf den Asphalt gemalter Fahrradstreifen allen Verkehrsteilnehmern klar: Es gibt hier Radler. Und sie haben auch ein Recht auf Straße.

Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, ist es in Berlin aber nach wie vor nicht überall. Und so ganz klappt es mit der Stressfreiheit an der Warschauer auch jetzt noch nicht. Die frisch aufgepinselten Radstreifen werden immer wieder zugeparkt. Von Lastwagen, die Getränke anliefern. Von Taxis, die ihre Gäste im Hotel abholen. Radfahrer müssen dann in den fließenden Verkehr ausweichen – kein ungefährliches Manöver.

Die Planer haben den Lieferverkehr sehr wohl mitgedacht und in den Bürgersteig Haltebuchten bauen lassen. Aber der Taxifahrer stoppt eben direkt vor dem Hotel, wo die Kunden mit dem schweren Gepäck warten, und nicht 20 Meter weiter. Dem Lastwagenfahrer ist das Einparken schlicht zu mühsam, er schaltet lieber die Warnblinkanlage an.

Auch deshalb sind die Friedrichshainer angesichts der Neuerung nicht gerade euphorisch. „Hier parkt doch jeder wie er will. Es sei denn, das Ordnungsamt kommt gerade vorbei“, sagt der Verkäufer eines Supermarkts. Eine Frau deutet auf die vielen neuen Stahlbügel am Fahrbahnrand. 400 davon hat der Bezirk aufstellen lassen. „Wozu braucht man so viele Fahrradständer?“ Sie vermisse die Parkplätze für ihr Auto. Ein anderer sagt, für Radfahrer sei die Situation jetzt schon besser – wenn die Leute den Radweg nicht zuparken würden.

Der Rückweg zur taz führt über die Oranienstraße. Mit drängelnden Pkw und Lieferwagen, ohne Radstreifen. Schon schalte ich innerlich wieder auf Auto.

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