Antikorruptionskampagne in Tansania: Klicks gegen Korruption
Tansania ist eines der korruptesten Länder Ostafrikas. Eine neu eingerichtete Website, die Schmiergeldaffären enthüllt, ist zum Renner avanciert.
Automobilisten hupen laut im Frust über das Verkehrschaos im Zentrum von Daressalam. Ein Kleinbus braust bei Rot über die Straße, ein paar Meter weiter muss er abrupt bremsen, um den Verkehrspolizisten mit erhobenem Arm nicht zu überfahren.
Der Fahrer steigt aus, die beiden diskutieren. Dann fingert der Fahrer in seiner Hosentasche herum und gibt dem Polizisten seinen Führerschein. Eine Handyaufladekarte fällt dabei zu Boden. Der Polizist bückt sich schnell, die Karte verschwindet in seiner Hosentasche. Beide Männern schütteln einander herzlich die Hand. Der Bus kann weiterfahren.
Schmiergeld an Staatsbedienstete - das ist in Tansania ganz normal. Schmiergeldaffären haben im letzten Jahr stark zugenommen. Jetzt aber soll eine neu eingerichtete Website den Kampf gegen Bestechung erleichtern. Mit dem Korruptionsnachforschungssystem werden alle Berichte über Betrug im ganzen Land gesammelt.
"In Ländern, wo die Korruption nicht so tief verwurzelt ist, spielt die Presse eine wichtige Rolle, um Betrug zu entlarven und zu veröffentlichen. In Tansania aber ist ein großer Teil der Medien in Händen von mächtigen Politikern oder Geschäftsleuten. Auch ist das Niveau von Journalisten leider oft nicht hoch", erklärt Attilio Tagalile, Chefredakteur der Website "Tanzania Corruption Tracker System".
Seine Website liest sich wie ein Krimi. In September kamen 204 Menschen ums Leben, als bei der tansanischen Insel Pemba ein Schiff kenterte. Das Schiff war für 600 Passagiere zugelassen, aber an Bord waren 1.500. "Die Hafenbehörden müssen es bemerkt haben, aber sie haben wohl gegen Geld ein Auge zugedrückt", seufzt Tagalile.
Leere Versprechungen des Präsidenten
Etwas weiter unten steht ein Bericht aus Wikileaks, wonach Tansanias Präsident Jakaya Kikwete von einem arabischen Geschäftsmann eine Million Dollar für die Regierungspartei CCM bekommen hat. Kikwete wurde dieses Jahr als Präsident wiedergewählt. Genau wie in seiner vorigen Amtsperiode versprach er, die Korruption zu bekämpfen.
Das Büro der Redaktion der Antikorruptionswebsite liegt im fünften Stock eines Geschäftshauses und bietet eine hübsche Aussicht auf die Hafenstadt Daressalam, die Verkehrsstaus und das geschäftige Treiben am Eingang von Ubungo Plaza.
Man kann sehen, wie ein Taxifahrer versucht, einen Sicherheitsbeamten dazu zu bringen, ihn auf dem Parkplatz stehen zu lassen. Große Schilder deuten an, dass Taxis hier nicht erlaubt sind. Der Taxifahrer zieht nach einigen Minuten einen Geldschein aus der Tasche, und sein Auto darf bleiben.
Die Popularität der Website wächst täglich. "Die Website existiert jetzt mehr als zwei Jahren. Im Jahr schauen sich ungefähr 300.000 Menschen die Seite an. Damit sind wir die zweitbestbesuchte Site in Tansania", erzählt Tagalile stolz.
Finanziert wird das Projekt von Dänemark und Finnland, aber mit dem schnell wachsenden Interesse wird nun auch der Einstieg ins Anzeigengeschäft erwogen. "Dann könnten wir uns nach einiger Zeit selbst finanzieren und wären völlig unabhängig", hofft Tagalile.
Wichtig ist, alle Berichte zu überprüfen. Es werden nicht einfach Presseartikel übernommen. "Wir können es uns nicht leisten, angeklagt zu werden, weil etwas nicht stimmt. Wir machen unsere eigenen Recherchen. Schließlich soll man nicht jemanden an den Pranger stellen, der unschuldig ist", sagt der Chefredakteur.
Die Wirkung der Website ist groß. So wurde die nationale Wohnungsgesellschaft vor Kurzem völlig reorganisiert, nachdem dort ausführlich über einen Korruptionsskandal berichtet worden war. Die Gesellschaft besorgt Staatsangestellten günstige Wohnungen. Eine chinesische Dolmetscherin bei der tansanischen Regierung bekam eine billige Wohnung, wurde dann aber schnell wieder rausgeschmissen. Ein Schwede hatte die Beamten geschmiert, um die schöne Wohnung für sich zu bekommen.
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