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Anti-Rassismus im FußballSieg am grünen Tisch

Der Fußballverband NOFV hatte dem Club TeBe verboten, für Opfer rechter Gewalt zu werben. Nach Streit und Kritik ändert der Verband die Spielordnung.

Stimmung dürfte nach der Änderungen der Vorschriften gut sein: TeBe-Fans feiern Foto: imago/Matthias Koch

Berlin taz | Am Ende liest es sich doch ein bisschen wie: In your face, Nordostdeutscher Fußballverband (NOFV)! Der Verein Tennis Borussia Berlin und die Amadeu Antonio-Stiftung haben ihren Streit mit dem NOFV beigelegt. Der Verband hat seine Vorschriften für Trikotwerbung nach viel öffentlicher Kritik geändert: Nun sind dort auch politische Botschaften erlaubt, insofern sie sich gegen Diskriminierung und Gewalt richten.

Hintergrund: Der Viertligist im Männerfußball Tennis Borussia Berlin, kurz TeBe, hatte aus der Not eine Tugend gemacht und wollte im August nach erfolgloser Sponsorensuche auf den Trikots für eine gute Sache werben: Cura, den Opferfonds für Betroffene rechter Gewalt der Amadeu Antonio-Stiftung. Einen Sponsor hat der Verein dadurch zwar nicht gewonnen, dafür aber viele Sympathien.

Weniger begeistert von der Aktion war der NOFV, der die Werbung für die Unterstützung von Opfern rechter Gewalt mit hanebüchener Begründung untersagte: „Eine bestimmte Gruppe von Menschen“ könne sich vom Sponsor provoziert fühlen – „Werbung für politische Gruppierungen und mit politischen Aussagen“ würden nicht genehmigt. Entsprechend viel Kritik gab es am Fußballverband.

Trotzdem hat der NOFV stolze vier Monate gebraucht, um die Vorschriften für Trikotwerbung zu ändern – auch nach Gesprächen mit TeBe und dem ebenfalls betroffenen Verein Babelsberg 03. Ebenso habe man sich mit dem Antidiskriminierungsbeauftragten, im Spielausschuss und im Präsidium darüber beraten. In Folge habe man die Vorschrift präzisiert, wie es in einer Mitteilung des NOFV vom Donnerstag heißt.

Politische Aussagen erlaubt, wenn sie für Toleranz werben

In der neuen Fassung der Spielordnung steht nun: Werbung für politische Gruppierungen oder mit politischen Aussagen sei nicht gestattet, „es sei denn, die Werbung ist dazu geeignet, rassistischen, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen sowie anderen homophoben, diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entgegenzuwirken …“ In Zweifelsfällen entscheide darüber das geschäftsführende Präsidium. Die Regelung gelte ab sofort.

Umso triumphaler klang die Pressemitteilung von TeBe Berlin zur Angelegenheit: „Wir sind bis heute der festen Überzeugung, dass die Unterstützung Betroffener rechter Gewalt keine links- oder rechtspolitische Meinungsäußerung ist, sondern einer der Grundpfeiler unserer demokratischen Zivilgesellschaft. Personen, die sich von dieser Unterstützung provoziert fühlen, sind weder auf unseren Plätzen willkommen noch sonst irgendwo“, heißt es dort. Aber natürlich bedanke man sich auch beim NOFV, der schließlich dem Vorschlag, die Spielordnung zu ändern, „mit einer nachhaltigen und eindeutigen Verbesserung nachgekommen ist“.

Auch Robert Lüdecke von der Amadeu Antonio-Stiftung bedankte sich für die Entscheidung, wenngleich er auch Kritik am NOFV übte: „Die Entscheidung kam spät und leider erst nach großem öffentlichen Druck aus Fußball-Szene und Zivilgesellschaft.“ Es gelte nun auch umgekehrt, Rechtsextremismus im Stadion sowie rassistische Entgleisungen zu ahnden. „Das passierte in der Vergangenheit leider nicht konsequent genug“, so Lüdecke.

Einen Umweg, um für Betroffene rechter Gewalt zu werben, hatte TeBe zwischenzeitlich trotzdem gefunden: Er hatte kurzerhand für das Frühstückscafé Tekiez geworben, dem ehemaligen Imbiss „Kiez-Döner“ in Halle an der Saale, der im Oktober 2019 von einem Rechtsterroristen angegriffen wurde, der dort den Gast Kevin Schwarze erschoss. Mittlerweile ist der Imbiss in ein Café umgewandelt. Diesen Sponsor wolle man aus Solidarität zunächst beibehalten, jedenfalls bis ein neuer Hauptsponsor gefunden ist.

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