Anti-Atom-Demo: Zu Fuß und zu Wasser für den Ausstieg
ln Hamburg fordern 15.000 Menschen die Stilllegung aller Atomkraftwerke. FC St. Pauli-Fans reihen sich ein. Protest auch auf der Elbe.
Gerade als Hamburgs evangelischer Bischof Jürgen Bollmann am Samstag zu seiner Rede über den Fluch Atomkraft ansetzt, bietet sich wasserseitig ein ungewöhnliches Schauspiel. Auf der Elbe her nehmen ein gutes Dutzend Kajaks, Segel- und Motorboote mit gehissten Anti-Atom-Flaggen Kurs auf die Fischmarkt-Mole.
"Es finden heute nicht nur in 21 Städten Demonstrationen statt, sondern zumindest hier noch eine auf dem Fluss", begrüßt Moderator Uwe Zabel, IG Metall, die maritimen UmweltschützerInnen. Hamburgs erste Demonstration zu Wasser überhaupt sucht die bundesweite Aktion "Atomkraft: Schluss!" zu unterstützen - immerhin dient der Elbe gleich drei AKWs als Kühlwasser-Lieferantin.
Angeführt von zwei Treckern aus den Vier- und Marschlanden und mit insgesamt sieben Lautsprecherwagen waren pünktlich um "5 vor 12" mehr als 15.000 Menschen an der Alster zum Protestmarsch gestartet - TeilnehmerInnen aller Alterschichten und Couleur, in einem gelben Fahnenmeer von Anti-Atom-Bannern und grünen Luftballons mit der gelben Anti-Atom-Sonne. Mit an der Spitze: Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund. Der Gewerkschaftsbund hatte - neben Linkspartei, GAL und SPD sowie den Umweltverbänden - eigene Blöcke gebildet.
Auf ihrem Marsch zum Fischmarkt bekommen die AtomkraftgegnerInnen am Millerntor spontane Unterstützung: Rund 2.000 AnhängerInnen des FC St. Pauli, die sich an der Südtribüne zu einem Sommerfest getroffen hatten, reihen sich ein, verstärken die Demo die Reeperbahn entlang auf gesamter Breite.
Auch militante AtomkraftgegnerInnen, die sich in der Vorbereitung ausgegrenzt gefühlt haben, leisten an der Hochstraßen-Brücke ihren Beitrag zum Protest - auf einem Transparent wird der einstige rot-grüne Atomkonsens angeprangert: "Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten. Wer war mit dabei - die grüne Partei. Ausstieg sofort und endgültig".
Während Bollmann und das IG-Metall-Vorstandmitglied Wolfgang Rhode den Ausstieg aus der Atomkraft und den Einstieg in erneuerbare Energie fordern - "wir können nicht länger mit den Zeitbomben leben" - hat sich Atomkraftgegnerin Wiebke Hansen von "Unser Hamburg - Unser Netz" schon ein neues Ziel gesteckt: Am 2. Juni startet ihr Volksbegehren zur vollständigen Übernahme der Energienetze durch die Stadt.
"Die Energienetze haben einen entscheidenden Einfluss darauf, ob wir die Energiewende zügig schaffen", beschwört Hansen die Kundgebungs-TeilnehmerInnen "Holen wir uns die Netze zurück."
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