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Anti-AfD-Demo in EssenFriedlich gegen Hetze

Am Wochenende haben in Essen rund 70.000 Menschen laut Polizei überwiegend friedlich gegen den Parteitag der AfD protestiert. Doch die AfD biss zu.

Gegen de AfD-Parteitag waren mehr als ein Dutzend Gegendemonstrationen angekündigt Foto: dpa

Essen taz | Mit Tanz, Seifenblasen und bunten Kostümen haben Zehntausende in Essen bunt gegen die AfD demonstriert. Es war insgesamt ein friedliches Wochenende. Das sehen nicht nur die Or­ga­ni­sa­to­r:in­nen so, sondern auch die Polizei Essen. Von ihr heißt es, dass „größtenteils friedlich“ demonstriert wurde. Die Horrorszenarien, die im Vorfeld verbreitet wurden, sind damit ausgeblieben.

Von Zuständen wie beim G20 Gipfel in Hamburg 2017 war die Rede gewesen. Die Polizei sprach von bis zu 1000 gewaltbereiten Demonstranten. Mehrere Händ­le­r:in­nen in Essen-Rüttenscheid haben aus Angst vor Ausschreitungen ihre Schaufensterscheiben mit Holzbrettern verbarrikadiert. Teilweise sind An­woh­ne­r:in­nen für das Wochenende in Hotels oder bei ihrer Familie in anderen Stadtteilen untergekommen.

„In den letzten Wochen gab es die Befürchtung, dass der Stadtteil brennen würde. Das Gegenteil war der Fall. Die Menschen hatten keine Angst, sondern waren vorne mit dabei“, resümiert Hannah Hübecker, Sprecherin des Bündnisses „Gemeinsam laut“, am Sonntagmorgen.

Am Samstag ist es jedoch auch vereinzelt zu Rangeleien zwischen Demonstrierenden und der Polizei gekommen. „Leider gab es immer wieder größere Personengruppen von zum Teil mehreren hundert Personen, die durch gewaltsame Störaktionen versuchten die Delegierten an der Teilnahme des Bundesparteitags zu hindern oder Sperrstellen zu durchbrechen“, bilanziert die Polizei.

Afd-Politiker beißt Demonstranten

Insgesamt gibt es 28 verletzte Polizist:innen, wobei einer von ihnen durch Tritte gegen den Kopf schwer verletzt worden sei. Mittlerweile konnte er das Krankenhaus wieder verlassen. Wie viel Demonstrierende verletzt wurden, ist nicht bekannt.

Ein Fall sorgt an diesem Wochenende für Schlagzeilen: Der AfD-Abgeordnete Stefan Hrdy biss einem Demonstranten in die Wade, wie auf einem Video zu sehen ist. „Das kenne ich nur aus dem Kindergarten“, sagt Katharina Schwabedissen, Sprecherin vom Bündnis Widersetzen, das zu zivilem Ungehorsam aufgerufen hatte. Jetzt wird geprüft, ob Anzeige erstattet wird.

Auf der anderen Seite wurden zwischenzeitlich bis zu 22 Menschen von der Polizei in Gewahrsam genommen, berichtet Wiedersetzen. „Zurzeit befinden sich noch zehn Personen in Gewahrsam“, berichtet Schwabedissen am Sonntagmorgen. Was ihnen konkret vorgeworfen werde, wisse sie nicht. Eine Polizeisprecherin möchte die Zahlen gegenüber der taz nicht bestätigen und spricht von „mehreren Festnahmen“.

Knapp 70.000 Menschen haben am Freitag und Samstag in Essen gegen die AfD Demonstriert. „Wir sind stolz darauf, wie viele gemeinsam auf der Straße zusammen ein Zeichen gegen die AfD gesetzt haben“, sagt Hübecker. Auch am Sonntagmorgen versammelten sich noch einmal ein paar Hundert Menschen zu einer Mahnwache auf dem Messeparkplatz. Bereits am Freitagabend hatten mehrere Tausend bei einer Rave-Demo in der Nähe der Grugahalle getanzt.

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7 Kommentare

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  • Das ist ein klares Zeichen gegen Rechts und gegen Neonazis, die glauben, dass sie im Windschatten von Weidel und Höcke an die Macht kommen können. Noch kann die AfD gestoppt werden, selbst Alice Weidel redet passagenweise wie Udo Vogt oder wie die Nationalzeitung. Es kann niemand behaupten, dass man ja nicht wußte, wie die wirklich sind.

  • 28 verletzte Polizisten ist also das Resulatat einer "friedlichen" Demonstration? Ich mag Herrn Hrdy nicht - aber er ist ja nicht tollwütig auf einen Friendsfreund losgegangen und hat ihm in die Wade gebissen, sondern wurde zu Boden gerissen.

  • Man koennte natuerlich noch erwaehnen wie es zu dem biss kam, aber die taz laesst sowas nebensächliches wohl lieber weg. Schade.

  • Ein Ziel ist es andere Afd-Gegner - von links, mitte bis zu "unpolitisch", aus ihrer Einsamkeit zu holen in einem Klima wo Afd wählen und "so nen bisschen rechts sein, ist ja eh ein alter Begriff" wieder salonfähig geworden ist.

    Gibt viele Menschen, welche nur tolerante Konservative und rechtsneigende Zentristen um sich rum haben und durch das gaslighting denken, dass sie einen an der Klatsche haben, weil ihnen die Afd bräunlich stinkt.

    Also bitte lasst uns die Proteste gegen Rechts nicht so nieder reden. Natürlich müssen wir mehr machen, aber das erreichen wir nur wenn auch mehr Leute sich gegen die neue NSAFD stellen. Und dafür müssen wir Leute abholen aus ihrem konservativem Umfeld.

  • "Insgesamt gibt es 28 verletzte Polizist:innen, wobei einer von ihnen durch Tritte gegen den Kopf schwer verletzt worden sei."



    Solcher Art Demokratieverteidigung und ihre Protagonisten können mir gestohlen bleiben. Die AfD wirds für ihre rechte Propaganda ausschlachten.

  • Was bitte ist daran "Friedlich"?



    28 verletzte Polizisten, davon einer schwer.



    Die meisten Demonstranten haben ihr Grundrecht auf Demonstration wahr genommen, sich an die Gesetze gehalten und als gute, wehrhafte Demokraten erwiesen - DANKE.



    Ein paar hundert "Autonome", wieso nennt man sie nicht schlicht und einfach "Kriminelle" haben die Polizei angegriffen, als ob dies keine Menschen wären. Jeder der dazu gehörte, gehört vor den Richter.



    Den schwer verletzten Polizisten wünsche ich schnellst mögliche Genesung, dem Täter ein hartes Urteil.

  • Viele friedliche Demonstrant*innen sind ein schönes, verbindendes Zeichen, sie ändern aber nicht wirklich die hohe Afd-wahlbereitschaft.

    In Münster, wo auch schon historisch lange die Afdwahlqoute unter 5% liegt, findet jedes Jahr der Afdneujahrsempfang statt. Die Stadt kann gegen den Vermietungszwang nichts machen. Es gibt immer Gegendemos und es kommen zeitweilig 30.000 Demonstranten zusammen. Im Wesentlichen immer friedlich.

    Solange demokratische Parteien noch nicht gelernt haben, tragfähige Allianzen miteinander zu bauen, nutzt die Afd das aus. Ich seh da noch nicht das berühmte Licht am Ende des Tunnels. Der Weg ist lang.