Anschlagsversuche in den USA: Rohrbomben an Trumps Kritiker
Bomben an Clinton, Obama, Soros und andere: Während das FBI fahndet, hat der Präsident die Medien als Mitschuldige ausgemacht.
Es handelte sich um eine von mindestens sieben Bomben, die an DemokratInnen sowie Prominente in Medien und Geschäftswelt verschickt worden waren. Die improvisierten Rohrbomben wurden unter anderem an den früheren Präsident Barack Obama, den Milliardär George Soros, die ehemalige Außenministerin Hillary Clinton, zwei demokratische Abgeordnete aus Kalifornien und Florida und, via CNN, den Ex-CIA-Chef John Brennan versandt.
Es handelt sich um eine der konzentriertesten Briefbombenserien der US-Geschichte. Die ErmittlerInnen warnen davor, dass weitere solcher Pakete in braunen Umschlägen mit Wattierungen aus Plastikbläschen unterwegs sein könnten. FBI-Chef Christopher Wray forderte seine Landsleute dazu auf, nichts Verdächtiges anzufassen. Zugleich vermuten die ErmittlerInnen, dass sämtliche Rohrbomben aus derselben Quelle stammen.
In selten gewordener Einmütigkeit verurteilten PolitikerInnen beider Parteien die Anschlagsversuche und mahnten zur nationalen Einheit. Der republikanische Senatschef Mitch McConnell sprach von einem „versuchten Akt von nationalem Terrorismus“. Bill de Blasio, der demokratische Bürgermeister von New York, erklärte am Mittwoch, „dies ist ein Terrorakt, mit dem die freie Presse und die Führer dieses Landes durch gewalttätige Akte angegriffen werden sollen“.
Vorwürfe gegen Trump
Donald Trump, der in der Vergangenheit jede einzelne Person und Institution, die eine Briefbombe erhalten hat, angegriffen und oft persönlich beleidigt hatte, sprach am Mittwochabend so versöhnlich, als wäre er ein Friedensstifter: „Es gibt keinen Platz für Drohungen und politische Gewalt in den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Gleichzeitig sah er die Schuld für die Verrohung der Debatte aber bei den Medien.
Der Präsident von CNN, Jeff Zucker, wollte sich am Mittwoch nicht mit Trumps' Gerede über einen nationalen Schulterschluss zufrieden geben. Zucker bescheinigte dem Präsidenten, dass er nicht die geringste Ahnung davon habe, wie „ernst seine kontinuierlichen Attacken gegen die Medien“ seien. JournalistInnen sind für Trump „Feinde des Volkes“ und CNN ist ein Sender, dessen ReporterInnen er wiederholt mit dem Hinweis auf ihre angeblichen „Fake News“ bei seinen Pressekonferenzen Fragen verbot.
Im Internet bekam der bislang unbekannte Rohrbombenbastler schnell den Spitznamen „MAGA-Bomber“ – eine Anspielung auf den Make-America-Great-Again-Slogan von Trump. Zahlreiche mediale Trump-Anhänger und rechte BloggerInnen – von Rush Limbaugh bis Anne Coulter – streuten am Mittwoch das Gerücht, die Bomben seien eine „demokratische Falschmeldung“.
Sendungen vom Geheimdienst abgefangen
Wie bei den Rohrbomben, die in Kalifornien, in Florida und in Washington ankamen, kam auch bei CNN niemand zu Schaden. Welchen Zündmechanismus die Pakete hatten und ob eine Explosion möglich gewesen wäre, sagten die ErmittlerInnen nicht.
In den meisten Fällen haben MitarbeiterInnen des Geheimdienstes die Postsendungen abgefangen. Die Rohrbomben gerieten erst gar nicht in die Hände der AdressatInnen. Der Absender war zwar offensichtlich äußerst entschlossen, doch in mehreren Fällen fehlten ihm – oder ihr – korrekte Adressinformationen. So ist Ex-CIA Chef Brennan zwar manchmal auf CNN, aber er tritt häufiger bei MSNBC und NBC auf. Und so war die Adresse von Ex-Justizminister Eric Holder so falsch, dass das an ihn gerichtete Paket bei der ehemaligen Chefin der Demokratischen Partei, Debbie Wasserman Schultz landete, die als Absenderin angegeben worden war. Ihr Name allerdings war falsch geschrieben.
US-AmerikanerInnen dachten bei den Bombennachrichten unverzüglich an zwei andere Serien von Briefbomben. Die eine zog sich über mehr als zwei Jahrzehnte hin – von 1975 bis 1996 – während derer Ted Kaczynski als sogenannter Unabomber per Post Briefbomben verschickte, die drei Menschen töteten und 23 verletzten. Er wurde zu „mehrfach lebenslänglich“ verurteilt und sitzt seine Haftstrafe ab. Die zweite Serie fand kurz nach den Attentaten des 11. September 2001 statt. Damals kamen in Washington mehrere Briefe mit eine Puder an, das gefährliche Anthrax-Bakterien enthielt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Angriffe auf Neonazis in Budapest
Ungarn liefert weiteres Mitglied um Lina E. aus
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker