piwik no script img

Anne Fromm Mitarbeiterin der WocheDelphine Ernotte

Chefin eines öffentlich-rechtlichen Senders zu sein ist nicht unbedingt ein Job, der einem viel Sympathie einbringt. Der Präsidentin von France Télévision, Delphine Ernotte, weht derzeit allerdings ein besonders rauer Wind entgegen: Ihre Belegschaft mag sie nicht – 84 Prozent der SendermitarbeiterInnen sprachen ihr im vergangenen Dezember das Misstrauen aus. Und auch in den Augen der ZuschauerInnen macht sie ziemlich viel falsch: Mehr als 3.000 Leute haben gerade eine Petition unterschrieben, die die Kultursendung „Café oder Tee“ vor der Absetzung retten soll.

Immerhin unter Serienliebhabern dürfte sie seit dem vergangenen Donnerstag neue Fans gewonnen haben. Auf der Séries Mania, Europas größtem Serienfestival in Lille, kündigte sie an, zusammen mit dem ZDF und dem italienischen Fernsehen RAI Netflix Konkurrenz machen zu wollen. Gemeinsam wollen sie hochwertige Serien produzieren. Die ersten Projekte stehen schon fest: Zum 500. Todestag von Leonardo da Vinci soll 2019 „Leonardo“ laufen, außerdem arbeite man an der in Dubai angesiedelte Spionageserie „Mirage“ und an dem Krimi „Eternal City“, der in Roms Filmszene der 60er Jahre spielen soll.

Wenn die drei Sender damit Erfolg haben, wäre das die erste ernstzunehmende öffentlich-rechtliche Antwort auf Netflix und Co. Die bespielen das Feld der guten Serien bislang so gut wie allein. Mit „Dark“ und „Dogs of Berlin“ hat Netflix bereits zwei deutsche Serien produziert, die dritte, eine Adaption des Romans „Die Welle“, wird gerade entwickelt. Insgesamt investiert Netflix im Jahr 2018 nach eigenen Angaben eine Milliarde Euro in Eigenproduktionen.

Wie hoch das Budget der drei europäischen Sender ist, sagte Ernotte in Lille nicht. Allerdings dürfte es nicht an Netflix herankommen, denn die drei Sender müssen sparen. France Télévision hat in diesem Jahr 50 Millionen Euro weniger Budget als im vergangenen. Viele SendermitarbeiterInnen befürchten, dass Ernotte vor allem bei den Informationsprogrammen sparen will. Deswegen sprachen ihr so viele das Misstrauen aus.

Besonders beliebt war Ernotte im Sender noch nie. Vor ihrer Berufung im Jahr 2015 war sie Chefin des Telekommunikationsanbieters Orange. Dort galt sie als hart und sehr fordernd. Ihren Posten als Fernsehchefin trat sie an mit der Ansage, in den Medien gebe es zu viele Männer über 50. Seitdem hat sie einige ranghohe Sendermitarbeiter entlassen und ausgetauscht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen