Annäherung in Asien: Peking und Tokio spielen Pingpong
Erstmals seit zehn Jahren besucht mit Hu Jintao ein chinesischer Präsident Nachbarland Japan. Anders als früher wird weniger über die Vergangenheit als über die Zukunft gestritten.
Als "Pingpongdiplomatie" ist die Politik der Annäherung zwischen China und den USA in den 1970er Jahren bekannt - nachdem im April 1971 erstmals ein US-Tischtennisteam China besuchte. Insofern ist die historische Symbolik augenfällig, wenn sich jetzt Chinas Präsident Hu Jintao und Japans Premier Yasuo Fukuda persönlich zum Gipfelspiel an der grünen Platte treffen. Es soll der Eindruck entstehen, die beiden haben auch mal Spaß zusammen und planen eine neue Pingpongdiplomatie.
Doch das ist schwierig. Hu trifft am Dienstag in Tokio zu einem außergewöhnlichen sechstägigen Staatsbesuch ein. Es ist erst die zweite Reise eines Führers der Volksrepublik nach Japan. Die erste fand vor zehn Jahren statt und endete im Desaster, als der damalige KP-Chef Jiang Zemin in Tokio eine Entschuldigung des Premiers für Japans Invasion im Zweiten Weltkrieg verlangte und nicht bekam. Jetzt soll es besser werden.
Fukuda und sein Vorgänger Shinzo Abe haben die Beziehungen vom Streit um die Vergangenheit zumindest oberflächlich befreit. Mit ihrem Verzicht auf Besuche des umstrittenen Yasukuni-Schreins in Tokio, der unter Japans Gefallenen auch die Kriegsverbrecher ehrt, öffneten sie Hu die Tür. Der nahm dankbar an - einerseits, um die für Peking peinlichen antijapanischen Ausschreitungen 2005 in China vergessen zu machen. Aber auch, weil unklar ist, wie lang der unpopuläre China-Freund Fukuda noch amtiert. Hu und Fukuda können trotzdem Geschichte schreiben. Ihnen bleibt der G-8-Gipfel im Juli, den Japan austrägt und China als Gast gewinnen will, samt Pekinger Selbstverpflichtung für einen globalen Klimaschutzplan.
Doch bevor es Ostasiens Großmächten gelingt, sich an die Spitze des Klimaschutzes zu stellen, warten viele Hausaufgaben. Ein Lebensmittelskandal belastet die Beziehungen: Pestizide tauchten in Teigwaren aus China auf, die mehrere Japaner schwer erkranken ließen. Als China behauptete, das Gift stamme nicht aus der Volksrepublik, reagierte Japans Öffentlichkeit so empört, dass Hus Besuch von April auf Mai verschoben wurde. Umso besser. Sonst wäre die Tibet-Krise noch akuter gewesen. Auch jetzt überschattet sie den Besuch. Viele Japaner sehen die Tibeter wie sich selbst als Nachbarn Chinas und stehen Pekings Tibet-Politik entsprechend kritisch gegenüber.
Für Optimismus ist es also zu früh. "Zwischen beiden Ländern weht ein kalter Wind", resümiert Japans Tageszeitung Asahi Shinbun und meint damit nicht mehr die Vergangenheitsdebatte, sondern ein japanische Unbehagen über "Chinas immer stärker werdendes Selbstbewusstsein in einer globalisierten Welt". Doch Fukuda scheint entschlossen, der China-Kritik entgegenzutreten. Gerade weil Peking derzeit weltweit in der Kritik stehe, wolle er Hu freundlich aufnehmen und Kritik nur hinter den Kulissen äußern, ließ er vorab verlauten.
Für Hu ist es die erste Auslandsreise seit der Tibet-Krise. Er stimmte zuletzt Gesprächen mit Vertretern des Dalai Lama zu und könnte bei weiteren Zugeständnissen daheim in die Kritik geraten. Vielleicht will er Zoos in Japan einen neuen Pandabären ausleihen. Im Streit um Gasfelder im Ostchinesischen Meer aber bringt er wohl kein neues Angebot mit. Das aber wäre ein glaubwürdiger Schritt zu echter Pingpongdiplomatie gewesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!