Anna Klöpper möchte sich in der Freibadumkleide am liebsten die Ohren zuhalten: Die einzigen Deutschen
Bis um 8.30 Uhr an diesem Dienstag vor den großen Ferien ist die Welt für Inge und ihre Freundin Gisela noch in Ordnung. Die Badekappe sitzt, der Ischias gibt Ruhe, wie Inge kurz zuvor in der Sammelumkleide verkündet. Jetzt arbeiten sich die beiden gemeinsam mit fünf anderen Freundinnen aus dem nahen Seniorenheim sehr langsam, aber äußerst beharrlich die 50-Meter-Bahn im Weddinger Freibad an der Seestraße hinunter und ziehen dabei eine Duftspur Köllnisch Wasser hinter sich her.
Platsch, da landet die erste Arschbombe neben Inge und Gisela. Platsch, die zweite. Dienstag war kollektiver Wandertag, bevor es am heutigen Mittwoch Zeugnisse gibt. Die meisten Schulen sind jetzt unterwegs – und Freibad ist nun mal einer der Klassiker.
Arschbombende Kinder am frühen Morgen sind etwas Großartiges. Sie sind wahnsinnig nervig, weil man mühsam um sie herumzirkeln muss und Chlorwasser in die Augen bekommt und der kraulende Schnellschwimmer einem beim Augensauberwischen in die Hacken schwimmt. Aber: Es sind Sommerferien! Die Kinder sind los, es sind Ferien! Doch der Schnellkrauler: Inge und Gisela leiden jetzt, offenbar hat sie der Ferienstart kalt erwischt. Und während der Schwimmer sich zwischen zwei Atemzügen den Weg freiraunzt, wird es bei den Seniorinnen in der Sammelumkleide zunächst ganz possierlich und dann ziemlich hässlich.
„Also ich mag ja Kinder“, sagt die eine. „Aber wenn die so in Massen kommen – nee, dat is mir nüscht.“ Einer Dame, die nicht zur Seniorenheim-Combo gehört, ist das auch „nüscht“, und gemeinsam überlegen sie nun, wo die Kinder besser aufgehoben wären: „Wannsee, Kladow, Lübars – Hauptsache, weit weg, wa?“ Kichern.
Dann kommt eine Gruppe Mädchen herein, sie scherzen ausgelassen auf Türkisch, und Inge wird grundsätzlich: Bald seien sie bestimmt die einzigen übrig gebliebenen Deutschen hier, raunt sie halblaut. „Aber das darf man ja alles heutzutage nicht mehr sagen, Inge!“, nickt ihre Freundin. „Weißt du noch in den 80ern“, gibt eine andere zu bedenken. „Da gab’s die doch auch schon hier.“ – „Ja, aber nicht so viele!“
Liebe Kinder im Freibad an der Seestraße, macht mehr Arschbomben! Foto: dpa
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