piwik no script img

■ StandbildAnlassloses Unikum

„Damals – Bally Prell, die Schönheitskönigin von Schneizlreuth“, So., 20.45 Uhr, BR

Bally Prell hat einen Brunnen in München.Und das ist so ähnlich wie ein Händeabdruck auf dem berühmten Bürgersteig in L. A. Einen kleinen Brunnen mit gusseisernem, fast lebensgroßem Konterfei bekommt in dieser Stadt nämlich nur, wer ein wahrer Volksschauspieler war, ein Münchner Unikum, so wie Karl Valentin oder Liesl Karlstadt. Und eben Bally Prell.

Wie die Komikerin und Sängerin damals, im Jahre 1953, ihre imposante Statur effektvoll ironisch einsetzte bei dem Lied „Die Schönheitskönigin von Schneizlreuth“, machte sie berühmt und beliebt – zuerst auf den Schwabinger Kleinkunstbühnen und dann bayernweit. Wenn Edith Piaf der Spatz von Paris war, dann war Bally Prel die Glucke von Schwabing, die sich einen festen Platz im kulturellen Gedächtnis dieser Stadt erspielte. Für den Bayerischen Rundfunk war das leider der einzige Grund, 1993 ein sehr schlechtes, oberflächliches Porträt über die Künstlerin zu machen und dies sechs Jahre später noch mal hervorzukramen.

Nicht nur, dass die teils recht schönen Stadtaufnahmen und episch langen Archivsequenzen lieblos aneinander geklatscht wurden, auch an Dramaturgie und Information mangelte es. Und die beiden Interviewpartner, die mit der 1982 verstorbenen Komikerin (wie man in einem Nebensatz erfuhr) befreundet waren, wurden weder vorgestellt noch wirklich interviewt. Dabei wäre die alte Dame in dem Ohrensessel ziemlich interessant gewesen: Zehn Jahre habe sie mit Bally Prell jeden Tag verbracht, auch gemeinsam mit ihr ständig viele Gäste empfangen, am Abend allerdings sei sie immer nach Hause gegangen. Und nach Ballys Tod habe sie der Stadt München 200.000 Mark geboten, damit dieses Original ebenfalls einen Brunnen bekommt.

Das Volk und seine Schauspieler mögen alles andere als „-tümlich“ sein – manche medialen Wirklichkeitskonstrukteure sind es auf erschreckende Weise umso mehr. Ania Mauruschat

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen