piwik no script img

Anklage gegen Ex-Bezirkschef RöslerRollende Freikarten

Die Staatsanwaltschaft erhebt in der Affäre um das Rolling Stones-Konzert im Hamburger Stadtpark Anklage gegen Ex-Bezirkschef Harald Rösler.

Da war er noch Bezirkschef: Harald Rösler im August 2017 Foto: Christophe Gateau/dpa

Hamburg taz | Zweieinhalb Jahre nach dem Stadtpark-Konzert der Rolling Stones wird nach Angaben der Hamburger Staatsanwaltschaft jetzt Anklage gegen die vier Hauptbeschuldigten der Freikarten-Affäre erhoben. Der Ex-Bezirkschef von Hamburg-Nord, Harald Rösler (SPD) und sein damaliger Vertreter, Tom Oelrichs (CDU), werden ebenso angeklagt wie Folkert Koopmans, Chef des Hamburger Konzertveranstalters FKP Scorpio und sein Mitarbeiter, der Konzertpromoter Christian Wiesmann.

Seit November 2017, zwei Monate nach dem Mega-Konzert, hat die Hamburger Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche des Bezirksamtes, das das Konzert genehmigt hatte, sowie gegen die FKP-Scorpio-Führung ermittelt. Im Fokus der Recherchen stand der inzwischen pensionierte Rösler (70). Er ist nun angeklagt wegen Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung und Bestechung in Tateinheit mit dem Verleiten eines Untergebenen zu einer Straftat sowie Untreue in einem besonders schweren Fall.

Rösler soll von der FKP Scorpio ein Gesamtkontingent von 300 „Kaufkarten“ und 100 Freikarten für das Bezirksamt Hamburg-Nord verlangt haben. Im Gegenzug soll Rösler den Vertrag mit Scorpio für den Stadtpark gegen ein Nutzungsentgelt von insgesamt 205.000 Euro unterzeichnet haben, obwohl er wusste, dass er nach der einschlägigen Gebührenordnung eine Gebühr in Höhe von mindestens 600.000 Euro hätte ansetzen müssen. So entstand der Stadt Hamburg nach Auffassung der Ermittler ein Einnahmeverlust in Höhe von mehr als 400.000 Euro.

Sodann soll Rösler verschiedenen „Freunden des Hauses“ und AmtsmitarbeiterInnen Kauf- und Freikarten angeboten haben, die Konzertpromoter Scorpio vereinbarungsgemäß bereitstellte. Das Konzert im September 2017 war schnell ausverkauft, Karten zeitweise schwer zu erhalten. Bezirksamtsleiter Rösler und seine Frau erhielten außerdem VIP-Karten. Scorpio-Chef Koopmanns und seinem Mitarbeiter werden nun gemeinschaftliche Bestechung in zwei Fällen vorgeworfen.

Verfahren ist noch nicht terminiert

Für die Prüfung der Anklage und die Prozesseröffnung ist nun das Hamburger Landgericht zuständig. Das Verfahren gegen die vier Beschuldigten ist deshalb noch nicht terminiert und könnte auch noch ein paar Monate auf sich warten lassen. Es soll vor der Großen Strafkammer 22 des Landgerichts stattfinden, da der Vorwurf der Untreue, der sich aus den zu niedrig veranschlagten Gebühren ergibt, mit einer hohen Strafandrohung versehen ist. Ein Strafverfahren vor einem Amtsgericht kam deshalb für die Staatsanwaltschaft nicht mehr infrage. Insgesamt gab es bei der Freikarten-Affäre um das Stones-Konzert bisher 49 Strafermittlungen gegen 54 Beschuldigte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!