Anke Kleinemeier über Antifaschismus: „Sport muss politisch sein“
Der Lauf gegen Rechts des FC St. Pauli geht in die sechste Runde. Die Organisatorin Anke Kleinemeier über antifaschistisches Engagement im Sport
taz: Frau Kleinemeier, kann Sporttreiben politisch sein?
Anke Kleinemeier: Sport muss politisch sein. Denn Sport findet häufig in einem gesellschaftlichen Kontext statt und hat damit auch immer eine politische Bedeutung. Man muss zum Ausdruck bringen, wo man gesellschaftlich steht, gerade in Zeiten oder in historischen Kontexten, in denen Sport für faschistische Ideen missbraucht wurde.
Wie ist die Idee des Laufs gegen rechts um die Hamburger Alster entstanden?
2012 gab es in Hamburg einen großen Naziaufmarsch. Dagegen mobilisierte ein breites Bündnis. Die Marathonabteilung des FC St. Pauli hatte sich überlegt, eine Demo am Vorabend zu organisieren, um zur Mobilisierung beizutragen.
51, die Frauenärztin ist Mitglied der Marathonabteilung des FC St. Pauli und organisiert den Lauf mit.
Der Lauf gegen rechts findet nun schon zum sechsten Mal statt. Wie hat sich der Lauf in den letzten Jahren entwickelt?
Seit 2013 ist er nicht mehr eine Demo, sondern ein Lauf um die Alster geworden, der jedes Jahr mehr Zuspruch bekommen hat. Dieser Lauf kann nur stattfinden, weil so viele Menschen ehrenamtliche Arbeit leisten. In diesem Jahr gehen wir von 1500 bis 2000 TeilnehmerInnen aus.
Was wollen Sie mit ihrem Lauf gegen rechts denn nun konkret erreichen?
Wir wollen sowohl eine klare Stimme für eine Welcome-Kultur gegenüber Geflüchteten als auch ein klares Zeichen gegen Faschismus jeglicher Art setzten.
Ist ein Lauf gegen rechts gerade jetzt besonders wichtig?
Ja. Besonders im Wahljahr, in dem die AfD versucht, in die Parlamente einzuziehen, ist es uns ein besonderes Anliegen mit dem Lauf zu sagen: Wir wollen keine Partei, die dazu aufruft, auf Flüchtlinge zu schießen oder die die Erinnerungskultur beerdigen will.
Hat der Fußball ein Rassismusproblem?
Ja! Das ist von Verein zu Verein unterschiedlich: Der FC St. Pauli pflegt einen kritischen Umgang mit Rassismus. Auch Christian Streich und der SC Freiburg positionieren sich immer wieder. Aber es gibt Vereine, in deren Fangruppen rassistische und auch neofaschistische Personen agieren können. Häufig tun die Vereine nichts gegen diese Art von Fans. Es fehlt bei vielen Fußballvereinen an einer klaren Haltung.
Handelt es sich bei dem Lauf um eine rein symbolische Aktion?
Nein. Der Lauf soll Teil einer politischen Bewegung gegen rechts sein. Es wird auch inhaltliche Vorträge und einen Infostand geben.
Sie sammeln auch Gelder. An wen gehen diese?
Der gesamte Erlös geht als Spende an das Hamburger Bündnis gegen rechts und antirassistische Gruppen.
Letzte Woche organisierte der FC St. Pauli auch ein Weinfest gegen Rassismus. Warum muss ich unbedingt laufen gehen, um ein Zeichen gegen rechts zu setzen?
Weil der Lauf eine Verbindung von Sport und einer politischen Aussage ist und sich zudem in eine antifaschistische Tradition stellt.
Wird es nicht irgendwann zu viel mit den Aktionen gegen rechts?
Solange Menschen diskriminiert oder in Stadien beschimpft werden, kann es gar nicht zu viel werden.
St. Pauli war der erste Verein, der Verbote gegen rassistische und sexistische Äußerungen in der Stadionordnung verankerte. Wie wichtig ist die antifaschistische Positionierung für das Selbstverständnis des Vereins?
Das ist eins der Fundamente, auf dem der Verein steht.
Was macht St. Pauli noch gegen den Rechtsruck?
Der Fanladen beteiligt sich regelmäßig an antifaschistischen Aktionen. Es gibt einen antirassistischen Arbeitskreis, der sich auch um die Belange von Geflüchteten kümmert. Darüber hinaus gibt es den FC Lampedusa, in dem Geflüchtete die Möglichkeit haben Fußball zu spielen. Die Aktionen entstehen an der Basis des Vereins, in den Abteilungen und Fangruppen. Es gibt keine zentrale Stelle des Vereins, die die Aktionen koordiniert. Die Geschäftsstelle stellt uns ihr Netzwerk inner- und außerhalb des Vereins zur Verfügung. Über den Sprecherrat der Fanklubs werden die Aktionen den anderen Abteilungen und Gruppen mitgeteilt.
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