Angriffe auf Jour­na­lis­t*in­nen: Deutschlands neuer Höchstwert

Reporter ohne Grenzen hat seine neue Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Deutschland rutscht darin weiter ab. Mitverantwortlich: „Querdenker“ und Polizei.

Szene einer Demo. Ein Mann in Lederjacke steht bedrohlich vor einem anderen. Er baut sich auf uns weist mit dem ausgestreckten Arm weg, so als sollte der anderen Mann fortgehen.

Immer wieder werden Jour­na­lis­t*in­nen bei Demos bedroht. Hier von einem Anmelder in Berlin Foto: Florian Boillot

BERLIN afp | Durch Kriege und Krisen hat sich die Situation von Jour­na­lis­t*in­nen weltweit verschlechtert. Zu diesem Schluss kommt die am Dienstag veröffentlichte neue Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen. Auch in Deutschland machte sich die Entwicklung demnach bemerkbar. Die Zahl der verifizierten gewaltsamen Angriffe auf Medienschaffende stieg im Vergleich zum Vorjahr von 65 auf 80 – und damit auf einen neuen Höchststand.

Nie zuvor seit Beginn der entsprechenden Dokumentation im Jahr 2013 seien mehr bestätigte körperliche Übergriffe auf Jour­na­lis­t*in­nen registriert worden, teilte Reporter ohne Grenzen in Berlin mit. Die meisten Vorfälle habe es bei Protesten der sogenannten Querdenker-Szene gegen die Coronaschutzmaßnahmen gegeben. Sie machten demnach 52 der 80 Angriffe aus. Dokumentiert wurden demnach ferner zwölf Angriffe von Polizisten auf die Presse.

Die Organisation sprach von einer insgesamt hohen Dunkelziffer und einer „Vielzahl nicht einzeln erfasster Fälle“. Jour­na­lis­t*in­nen seien vielfach beleidigt, bedrängt und an der Ausübung ihrer Arbeit gehindert worden. Derartige Zwischenfälle hätten sich nicht nur bei Versammlungen ereignet, sondern auch in Gerichtssälen oder Fußballstadien. Selbst zu Hause würden Betroffene aufgesucht.

Deutschland verliert
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In der internationalen Rangliste der Pressefreiheit verlor Deutschland im Vergleich zum Vorjahr und fiel um drei Plätze auf den 16. von 180 Plätzen. Eine Rolle dabei spiele auch mangelnder Schutz von Me­di­en­ver­tre­te­r*in­nen und deren Quellen im Rahmen der neuen Cybersicherheitsstrategie der Bundesregierung und anderer Maßnahmen wie des Einsatzes sogenannter Staatstrojaner, erklärte Reporter ohne Grenzen. Auch eine zunehmende Verlagskonzentration bei Tageszeitungen bereite Sorgen.

Weltweit habe sich die Situation der Pressefreiheit seit Beginn des vergangenen Jahres durch Krisen und Kriege verschlechtert, teilte Reporter ohne Grenzen weiter mit. Diese stellten nicht nur eine akute Gefahr für Leib und Leben von Be­richt­erstat­te­r*in­nen dar, sondern würden auch von „vielfältigen Repressionen“ begleitet, mit denen Regierungen für sich „Informationshoheit“ erringen wollten.

So sei in Russland mit dem Beginn des Angriffs auf die Ukraine die Pressefreiheit „de facto abgeschafft“ worden, hieß es in der Analyse. In der aktuellen Rangliste liegt das Land auf dem 155. Platz. Auch in Myanmar (Rang 176) nach dem dortigen Militärputsch sowie in Afghanistan (Rang 156) nach der Machtübernahme der Taliban sei unabhängiger Journalismus „kaum noch möglich“.

In der von Russland angegriffenen Ukraine seien bei Kampfhandlungen binnen weniger Wochen bereits sieben Jour­na­lis­t*in­nen getötet worden, erklärte Reporter ohne Grenzen. Im laufenden Jahr liege das Land damit auf einem traurigen Spitzenplatz gemeinsam mit Mexiko, wo ebenso viele Medienvertreter starben. Das mittelamerikanische Land ist demnach seit Jahren eines der tödlichsten für Jour­na­lis­t*in­nen überhaupt. Die aktuelle Mordserie sei aber selbst für mexikanische Verhältnisse „erschütternd“, führte die Organisation weiter aus.

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