Angriff auf dänische Ministerpräsidentin: Frederiksen erleidet Schleudertrauma
Ein Mann hat am Freitag Mette Frederiksen auf einem Platz in Kopenhagen attackiert. Politiker in ganz Europa reagieren entsetzt. Die Polizei bestätigt eine Festnahme.
![Mette Frederiksen tritt aus einer Wahlkabine hervor. Sie hat die rechte Hand am Kabinenvorhang,den sie zurückgezogen hat Mette Frederiksen tritt aus einer Wahlkabine hervor. Sie hat die rechte Hand am Kabinenvorhang,den sie zurückgezogen hat](https://taz.de/picture/7049596/14/Mette-Frederiksen-bei-der-EU-Wahl-1.jpeg)
Frederiksen wurde nach dem Angriff zur Untersuchung in ein Krankenhaus gebracht, wie ihr Büro weiter mitteilte. Die Termine der Regierungschefin für Samstag seien abgesagt worden.
Die Polizei hatte kurz nach der Tat eine Festnahme bestätigt, sich ansonsten aber nicht zu der Tat geäußert. Zwei Zeuginnen sagten der Zeitung BT, sie hätten Frederiksen um kurz vor 18 Uhr den Platz betreten sehen, als sie in der Nähe gesessen hätten. Ein Mann sei aus der entgegengesetzten Richtung gekommen und habe sie hart gegen die Schulter gestoßen, sodass sie zur Seite gefallen sei. Es sei ein starker Stoß gewesen, Frederiksen sei jedoch nicht zu Boden gegangen. Anschließend habe sich die dänische Regierungschefin in einem nahe gelegenen Café hingesetzt, sagten die Zeuginnen weiter.
Der Mann habe versucht, wegzurennen. Er sei aber nicht weit gekommen, bevor Männer in Anzügen ihn gepackt und zu Boden gestoßen hätten.
Die Nachrichtenagentur Reuters meldet unterdessen, dass noch am Samstagmittag ein 39-jähriger im Zusammenhang mit den Geschehnissen in Kopenhagen verhört werden soll. Er werde gegen 13 Uhr zur Befragung vor einem Gericht in der dänischen Hauptstadt vorgeführt, habe die Polizei mitgeteilt. Weiterhin unklar bleibt das Motiv des Angriffs auf Frederiksen.
Wie in anderen EU-Ländern auch läuft in Dänemark der Wahlkampf für die Europawahl am 9. Juni. Frederiksen unterstützte in den vergangenen Tagen die Kampagne der sozialdemokratischen Spitzenkandidatin Christel Schaldemose, so auch am Freitag. Der Angriff auf Frederiksen habe sich jedoch nicht in dem Zusammenhang ereignet, sagte Schaldemose der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau. Die Regierungschefin selbst äußerte sich zunächst nicht zu der Tat.
Politiker der Regierung und Opposition reagierten entsetzt auf die Attacke und erklärten sich solidarisch mit der 46 Jahre alten Ministerpräsidentin. Der konservative dänische Verteidigungsminister Troels Lund Poulsen schrieb auf X: „Welch ein Schock. So ist Dänemark nicht. Wir überfallen unsere Ministerpräsidentin nicht.“
Auch aus der internationalen Politik gab es zahlreiche Reaktionen auf den Vorfall. „Gewalt hat keinen Platz in der Politik“, schrieb die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, auf X. EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem „feigen Akt der Aggression“, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb: „Ich verurteile diese verachtenswerte Tat, die allem widerspricht, woran wir in Europa glauben und wofür wir kämpfen. Ich wünsche Dir Kraft und Mut – ich weiß, dass Du von beidem reichlich hast.“ Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson betonte: „Ein Angriff auf eine demokratisch gewählte Regierungschefin ist auch ein Angriff auf unsere Demokratie.“
Angriff auf Linken-Politiker in Thüringen
In der jüngeren Vergangenheit wurden mehrere Politiker in Europa auf offener Straße angegriffen. Besonders große Aufmerksamkeit erregte die Attacke auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, der am 15. Mai von einem Regierungsgegner mit mehreren Schüssen lebensgefährlich verletzt wurde.
Auch in Deutschland gab es mehrere Angriffe auf Politikerinnen und Politiker. So wurde in Dresden der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke krankenhausreif geschlagen und ein Kommunalpolitiker der AfD in Mannheim bei der Verfolgung eines Wahlplakate-Diebes mit einem Messer verletzt. Und am Tag des Angriffs auf die dänische Ministerpräsidentin ist im thüringischen Eisenberg ein Linken-Politiker beleidigt und attackiert worden.
Wie der Landesverband der Linkspartei am Samstag in Erfurt mitteilte, ereignete sich der Vorfall in einem Supermarkt. Betroffen war der Direkt- und Listenkandidat der Partei zur Landtagswahl, Steffen Much. An der Kasse des Markts beschimpfte demnach ein Mann den Politiker ohne Anlass und packte ihn schließlich am T-Shirt. Much blieb Parteiangaben zufolge unverletzt und erstattete bei der Polizei Anzeige gegen den ihm namentlich bekannten Angreifer.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links