Angriff auf belgischen Telekom-Konzern: EU-Institutionen im Visier?
Die staatliche Telekomgesellschaft Belgacom ist Opfer einer Cyber-Attacke geworden. Nach Unterlagen von Edward Snowden steckt der britische Geheimdienst dahinter.
BERLIN dpa/taz | Der britische Geheimdienst GCHQ hat nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel gezielt den belgischen Telekom-Konzern Belgacom attackiert. Mehreren Angestellten des halbstaatlichen Unternehmens sei eine vom NSA entwickelte Späh-Software untergejubelt worden, berichtet das Magazin. Das gehe aus Unterlagen des ehemaligen US-Geheimdienstlers Edward Snowden hervor, die der Spiegel ausgewertet habe.
Der britische Geheimdienst habe die Zielpersonen offenbar ohne ihr Wissen auf Webseiten umgeleitet, die deren Rechner mit Schadsoftware infiziert hätten. Von diesen Mitarbeitern ausgehend habe sich der GCHQ weiter in das Unternehmensnetzwerk von Belgacom vorgearbeitet. Einer undatierten Präsentation zufolge sei das Ziel der Briten gewesen, die Belgacom-Infrastruktur zum Ausspähen von Smartphone-Nutzern einzusetzen.
Das GCHQ-Projekt trage den Tarnnamen „Sozialist“ („Operation Socialist“) und sollte eine „bessere Ausspähung von Belgacom“ ermöglichen und die Infrastruktur des Anbieters besser verstehen, wie der Spiegel berichtet.
Pikant ist der Cyber-Angriff auch deswegen, weil die EU-Kommission, der Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament Großkunden bei Belgacom sind. Ob der Geheimdienst gezielt Angestellte und Parlamentarier der EU-Institutionen ausspähen wollte, ist noch nicht bekannt. Der Name des Programms lässt eine politische Dimension der Operation jedoch vermuten.
Virus entdeckt
Belgacom selbst hatte in einer internen Untersuchung einen Angriff festgestellt und Anzeige gegen unbekannt erstattet, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Auf einer Reihe von Einheiten des IT-Systems sei ein Virus entdeckt worden, hieß es.
Die belgische Regierung hatte empört reagiert: „Wenn diese Hypothese bestätigt wird und es sich in der Tat um Cyber-Spionage handelt, verurteilt die Regierung dieses Eindringen und die Verletzung der Integrität eines öffentlichen Unternehmens entschieden“, erklärten Premierminister Elio Di Rupo sowie die Ministerinnen für Justiz und Inneres in einer gemeinsamen Mitteilung.
Belgacom ist das zweite Unternehmen, das namentlich als Ausspähziel der anglo-amerikanischen Geheimdienste genannt wird. Zuvor sorgten Berichte für Aufsehen, laut denen der US-Geheimdienst NSA den brasilianischen Ölkonzern Petrobras im Visier habe.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!