Angela Merkels Besuch in Polen: Pragmatische Annäherung
Bei den deutsch-polnischen Regierungskonsultationen stehen Gemeinsamkeiten im Zentrum. Streitthemen werden nur kurz gestreift – bis auf eins.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zählte am Freitag in Warschau zunächst gemeinsame positive Wirtschaftsdaten auf, ein jährliches Handelsvolumen von 110 Milliarden Euro und die in beiden Ländern niedrige Arbeitslosenquote, bevor auch sie sich außen- und sicherheitspolitischen Themen zuwandte. Die altbekannten Streitpunkte – Kriegsentschädigungen, die Gaspipeline Nord Stream 2, die Flüchtlings- und Migrationspolitik sowie die umstrittenen Justizreformen in Polen – blieben außen vor oder wurden nur kurz gestreift.
Die beiden Außenminister Jacek Czaputowicz und Heiko Maas bekräftigten sogar in einer gemeinsamen Erklärung ihre „strategische Partnerschaft als Nachbarn und Partner in der Europäischen Union und der Nato“. Es ging bei diesen Regierungskonsultationen vor allem darum, das gemeinsame Handeln in möglichst vielen Punkten innerhalb der EU und der Nato abzustimmen und möglichst auch schon eine ähnliche Perspektive auf Weltprobleme zu finden, mit denen beide Staaten ab 2019 als nichtständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat zu tun haben werden.
So hofften Merkel und Morawiecki, dass der Austritt Großbritanniens aus der EU doch noch in einem Abkommen zu regeln sein werde. „Beide Seiten wollen ein geordnetes Verfahren finden für den Brexit“, sagte Merkel in Warschau. Geregelt werden müssten dabei auch die Grundzüge der künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien, denn „Großbritannien verlässt zwar die EU, bleibt aber in Europa“, so Merkel. „Polen und Deutschland wollen, dass das gute Beziehungen sind“.
Morawiecki sprach das kommende EU-Budget an. Er hoffe auf Zuschüsse in den Bereichen Landwirtschaft, Strukturpolitik und Innovation. Merkel bestätigte dies nur kurz. Da scheint es keine größeren Differenzen zu geben. Innerhalb der Nato planen nun Polen, Deutschland und Frankreich die Produktion eines gemeinsamen Panzers. Einzelheiten dazu gaben aber weder Merkel noch Morawiecki bekannt.
Polens Distanz zum Migrationspakt
Merkel hob die grundsätzlich gleiche Einschätzung des Russland-Ukraine-Konflikts durch die polnische und deutsche Regierung hervor. Da sie einen Tag zuvor die Ukraine besucht hatte, konnte sie direkt von den Fortschritten und zurzeit eher Rückschlägen im sogenannten Minsker Prozess berichten. Der Waffenstillstand werde immer wieder gebrochen, meist von russischer Seite. Sie sei daher dafür die Sanktionen gegen Russland aufrechtzuerhalten.
Morawiecki machte an dieser Stelle klar, dass Polen sich dem geplanten UN-Migrationspakt wahrscheinlich nicht anschließen werde. Griechenland und Italien hätten Probleme mit Migranten, und auch Polen habe viele Probleme mit ukrainischen Migranten. „Für uns sind unsere Souveränität und unsere Grenze wichtiger“, erklärte er.
Polen nehme nach wie vor viele Ukrainer auf. Davon seien zwar die meisten Arbeitsmigranten, doch viele kämen auch aus dem Kriegsgebiet und fänden in Polen ein neues – vorläufiges – Heim. Der offiziellen Statistik des polnischen Ausländeramtes zufolge baten in diesem Jahr (bis zum Stichtag 31. Juli) aber gerade mal 292 Ukrainer in Polen um Schutz und Asyl.
Merkel verwies darauf, dass der Migrationspakt die illegale Migration einschränken und die legale Migration erleichtern solle. Der Pakt unterminiere nicht die Souveränität der Unterzeichnerstaaten. Deutschland werde den Pakt im Dezember in Marokko unterzeichnen.
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