Andreas Zumach über die NATO-Unterstützung der Anti-IS-Koalition: Törichte Eskalation
Die von den USA geführte militärische Koalition gegen den „Islamischen Staat“ hat seit August 2014 mehr als 40.000 hochmoderne, meist lasergesteuerte Bomben auf IS-Ziele im Irak und in Syrien verschossen. Über 90 Prozent dieser Kriegseinsätze wurden von US-Streitkräften ausgeführt. Die Identifikation und Festlegung der zu beschießenden Ziele erfolgte ausschließlich durch Aufklärungsinstrumente der USA.
Die Behauptung, die US-Streitkräfte seien zur Fortsetzung dieses Krieges operativ auf Awacs-Systeme der Nato angewiesen, ist ein Märchen. Der gestrige Grundsatzbeschluss der Nato, ihre 16 Awacs-Systeme mit multinationaler Besatzung künftig für die Bekämpfung des IS zur Verfügung zu stellen, dient lediglich der von Washington angestrebten stärkeren politischen Einbindung der 27 Bündnispartner in diesen Krieg. Das stärkt die törichte Illusion, der IS ließe sich mit militärischen Mitteln „vernichten“, wie US-Präsident Obama im Herbst 2014 großspurig angekündigt hatte.
Der geplante Einsatz dieser Systeme bedeutet eine Eskalation insbesondere der deutschen Kriegsbeteiligung, da Bundeswehrsoldaten über ein Drittel der multinationalen Besatzungen stellen. Das gilt auch dann, wenn die Systeme nur im türkischen und nicht im irakischen und syrischen Luftraum operieren. Diese Eskalation wird auch der IS registrieren. Niemand sollte sich wundern, wenn der IS darauf mit Gewalttaten gegen Ziele in Deutschland oder Deutsche im Ausland reagiert. Das wäre ein hoher Preis für eine völlig sinnlose Beteiligung an dem nunmehr seit fast 15 Jahren vergeblich geführten „Krieg gegen den Terror“.
Eindämmen und überwinden ließe sich der IS nur durch die Beendigung des Syrienkrieges und die wirtschaftliche Stabilisierung der Staaten im Krisenbogen zwischen Marokko und Pakistan, um das potenzielle Nachwuchsreservoir für islamistisch motivierten Extremismus und Terrorismus auszutrocknen.
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