Andreas Zumach über den Machtzuwachs der SVP in der Schweiz: Der Schwindel der Populisten
Die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP)hat seit gestern zwei statt bislang einen Minister in der siebenköpfigen Regierung in Bern. Damit wird ein bereits seit über 20 Jahre anhaltendes Paradox noch weiter auf die Spitze getrieben. Die SVP verdankt ihren stetigen Aufstieg seit 1993 zur wählerstärksten Partei einer erfolgreichen Doppelstrategie.
Die Partei und ihr langjährige Chefstratege und Hauptfinancier, der Milliardär Christoph Blocher, gerierten sich als Anwalt der „kleinen Leute“ und als Volkstribun gegen „die da oben“ in der Hauptstadt Bern, gegen die EU oder gegen andere angebliche Bedrohungen der Schweiz, ihrer „Neutralität“ und ihres Wohlstandes. Zugleich ist die SVP mit ihrem bislang einen Sitz in der Regierung, der stärksten Fraktion im Parlament sowie zahlreichen Regierungsposten in den 26 Kantonen ein ganz wesentlicher Teil der herrschenden politischen Klasse.
Der Erfolg dieser Doppelstrategie ist umso bemerkenswerter, als die bislang von der SVP betriebene Politik und ihre angekündigten Vorhaben für die nächsten vier Jahre zum Nachteil der „kleinen Leute“ und der meisten ihrer eigenen WählerInnen sind. Der Streit mit der EU, der durch die von der SVP betriebene, erfolgreiche „Volksinitiative gegen Masseneinwanderung“ ausgelöst wurde, hatte die Einschränkung der Personenfreizügigkeit mit der Schweiz zur Folge. Das hat ebenso zu mehr Arbeitslosigkeit geführt wie die von der SVP durchgesetzte Aufhebung der Bindung des Frankenkurses an den Euro. Doch für die negativen Folgen ihrer Politik macht die SVP-Propaganda stets mit Erfolg die anderen Parteien verantwortlich.
Mit derlei Propaganda und zugleich mithilfe ihres zweiten Ministers wird die SVP in den nächsten vier Jahren möglicherweise auch ihre Wahlkampfforderungen durchsetzen: Einschnitte in die Sozialgesetzgebung, Steuergeschenke für die Reichen, eine Lockerung der Bankenregulierung sowie das Ende der Förderung erneuerbarer Energien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen