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Andreas Speit Der rechte RandWieso die AfD den Verfassungsschutz zu geheim findet

Der AfD-Landesverband Schleswig-Holstein hat sich mal wieder zum Parteitag im Bürgerhaus in Henstedt-Ulzburg getroffen. Drinnen versammelten sich rund 190 Parteimitglieder, draußen rund 800 Demonstranten und Ralf Stegner, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Schleswig-Holstein. Der wird gerade wegen seiner Position zum Krieg in der Ukraine kritisiert und sagte auf der Demo, dass die Leute sich zwar zurecht darüber Sorgen machen, „ob der Lohn oder die Rente“ reiche und ob die „Pflege der Eltern oder die Ausbildung der Kinder“ geregelt sei, aber dass das noch lange sei keine Entschuldigung dafür sei, Rechtsradikale zu wählen.

Bei der Landtagswahl 2022 haben gar nicht so viele die AfD gewählt, es reichte nicht mal für einen Sitz im Landtag, Aber die AfD ist jetzt zuversichtlich, nach der nächsten Landtagswahl wieder eine Fraktion bilden zu können. „Wenn wir zweistellig in den Landtag einziehen, genauso wie auf Bundesebene, werden wir für Gespräche mit der CDU“ bereit sein, versprach Landesvorsitzender Kurt Kleinschmid, der auch für die AfD im Bundestag sitzt, auf dem Parteitag. Kein Gesprächspartner sei allerdings der amtierende Ministerpräsident Daniel Günther. Der ist zwar in der CDU, geht aber mit den Grünen „ins Bett“, wie Kleinschmidt es formulierte. Das geht natürlich gar nicht.

Richtig erbost sind die AfD-Mitglieder darüber, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte Partei im März als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft hat. Der Rechtsstreit läuft. Dem Landesverband missfällt auch, dass der Landesverfassungsschutz in Schleswig-Holstein seine Haltung zu dieser klaren Einordnung auf Bundesebene nicht öffentlich kommuniziert. Ein Geheimdienst bleibt eben ein Geheimdienst. Er entscheidet, wann er was veröffentlicht. Es ist auch nicht bekannt, was der Behörde bekannt ist.

Foto: Jungsfoto: dpa

Andreas Speitarbeitet als freier Jour­nalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Im aktuellen Landesverfassungsschutzbericht, der Anfang Juni vorgelegt worden ist, wird die AfD insgesamt 27 Mal erwähnt. Einen eigenen Abschnitt zur AfD gibt es nicht. Der Landesverband erscheint in dem Bericht vor allem als Objekt einer nicht nachvollziehbaren Kritik an Personal und Positionen. Im Kontext von Gegenprotesten taucht das Kürzel AfD auch auf, etwa auf Seite 155: „Die Bekämpfung der von der linksextremistischen Szene als rechtsextrem deklarierten AfD stand weiterhin spektrenübergeifend im Fokus der Szene. Die Partei war im gesamten Berichtsjahr das Hauptziel linksextremistischer Proteste.“ Die politische Darstellung verengt sich darauf, dass einzelne Übergriffe auf die AfD aufgezählt werden.

Dabei ist der schleswig-holsteinische AfD- Landesverband ganz und gar nicht moderat. Das zeigte sich zum Beispiel beim „Tag des Vorfeldes“. Im Sommer 2024 richtete der heutige Beisitzer des AfD-Landesvorstandes, Kevin Dorow, in Neumünster das Treffen aus. Ein Who-is-Who von rechtsextremen Autoren, Medien, Verlagen und Vereinen kam in einen griechischen Restaurant zusammen. Vor Ort beklagte Dorow eine „links versiffte BRD“ und versprach Folgetreffen. Im 1.100 Seiten umfassenden Gutachten des Bundesverfassungsschutzes wird dieses Treffen angeführt. Als ein Beleg für die „rechtsextremistische“ Ausrichtung der AfD. Gleich mehrfach erwähnt der Bundesverfassungsschutz den Bundestagsabgeordneten Gereon Bollmann aus Schleswig-Holstein, der von einem internationalen Programm“, das „heimlich, still und leise“ Deutschland „entdeutschen“ wolle. Kontakte und Positionen, die bisher nicht zu einer Beobachtung des Verfassungsschutzes in Kiel führten.

Der schleswig-holsteinische AfD-Landesverband ist ganz und gar nicht moderat

Auf dem Parteitag in Henstedt-Ulzburg beschlossen die Mitglieder mit 182 Ja-Stimmen eine Resolution, die eine „tiefgreifende Reform“ und „Entpolitisierung“ des Landesverfassungsschutzes fordert.

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