Andreas Speit Der rechte Rand: Wie die AfD das Internet in Meck-Pomm entdeckt
Seit Montag ist das „Informationsportal ‚neutrale Schule‘“ der AfD in Mecklenburg-Vorpommern online. Im netten Ton werden die „lieben Schüler, lieben Eltern“ und „lieben Lehrer“ aufgefordert, Verstöße gegen das Neutralitätsgebot an Schulen oder die „Indoktrination unserer Kinder“ zu melden. Von einem Prangern möchte der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erick Holm aber nicht sprechen. Holm, der für seine Partei im Bundestag sitzt, will lieber davon reden, dass es der AfD alleine um eine neutrale Schule gehe.
Die Idee ist bekannt. In Hamburg schaltetet die AfD-Bürgerschaftsfraktion als erste AfD-Struktur ein solches Portal frei. Der AfD-Fraktionsvorsitzende und Alter Herr der rechtsextremen Burschenschaft Danubia, Alexander Wolf, soll das Konzept entworfen haben. Im Oktober vergangenen Jahres stellte die AfD in Baden-Württemberg ebenfalls eine Meldeplattform online, in Bremen, Berlin und Brandenburg folgten weitere. Im AfD-Milieu herrscht die Vorstellung, die Lehrkörper seien rot-grün durchdrungen, das Jahr 1968 wirke noch nach. Die Portale reihen sich in die Strategie der AfD ein, gegen unterschiedliche Bildungsträger vorzugehen, die Demokratie und Zivilcourage vermitteln.
Bei der Vorstellung des Portals betonte der mecklenburg-vorpommersche Landesvorsitzende Holm, „dass die meisten Lehrer ihre Arbeit gut erledigen“ und die Hinweise auf Verstöße „vertraulich“ behandelt würden. Die Meldungen würden von der Landesgeschäftsstelle ausgewertet und den Landtagsabgeordneten weitergegeben. Die würde dann versuchen, eine „Besserung“ zu erreichen. In der Erklärung zu dem Portal heißt es pauschal: „Unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Rechtsextremismus, oft ausgedehnt zum undemokratischen ‚Kampf gegen rechts‘, versuchen linke Vereine, Organisationen und Einzelpersonen gezielt, an Schulen Stimmung gegen die AfD und konservativ denkende Bürger zu schüren“.
Bereits im Oktober 2018 hatte sich die Landesbildungsministerin Birgit Heese (SPD) gegen die Lehrer-Portale gestellt. In einem Brief an die Unterrichtenden erklärte sie: „Schule ist nicht neutral – es gibt keine Neutralität gegenüber den Werten des Grundgesetzes und der Landesverfassung“. Nachdem das Portal am Montag online gegangen war, sagte sie: „Aus den Erfahrungen anderer Bundesländer wissen wir, dass ein solcher Lehrer-Pranger den Frieden an den Schulen erheblich gefährdet.“ Schüler und Eltern würden zum Denunziantentum gegen ihre Lehrer angestachelt.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
Die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Annett Lindner, sieht in dem Portal den Versuch, Lehrkräfte einzuschüchtern. SPD und Linke im Schweriner Landtag fordern nun den Rücktritt des AfD-Abgeordneten Jörg Kröger vom Vorsitz des Bildungsausschusses.
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