piwik no script img

Andreas Speit Der rechte RandWarum vor Bergen-Belsen ein Stein die Besucher verstört

Foto: Jungsfoto: dpa

Der Stein des Anstoßes ist gut sichtbar: An der Einfahrt zum Anwesen des früheren Unternehmers Jürgen Lindhorst liegt ein Findling. Der Familienname und eine Wolfsangel sind in den großen Stein an der Straße in Winsen an der Aller, Landkreis Celle, eingemeißelt. Seit Jahren liegt der Stein dort – gut sichtbar von der Zufahrtsstraße nach Bergen-Belsen.

In den vergangenen Wochen haben sich Besucher des ehemaligen Konzentrationslagers, in dem mindestens 52.000 Menschen aufgrund der Haftbedingungen starben, beschwert. Denn die Wolfsangel ist nicht bloß ein allgemeines Symbol auf einem Forstgrenzstein. Die Hitler-Jugend trug die Wolfsangel als Ärmelaufnäher. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges baute die SS eine Untergrundgruppe mit dem Namen „Werwolf“ auf, die gegen die vorrückenden Alliierten weiter kämpfen sollte. Die Angel war ihr Erkennungszeichen.

In der Gedenkstätte Bergen-Belsen kamen kritische Nachfragen auf, nachdem die Besucher auf ihrem Weg den Stein passieren mussten. Das rieche schon nach „Blut und Boden“ merkte Jens-Christian Wagner, Geschäftsführer der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten unlängst an. Lindhorst selbst weicht aus: „Dass das Naziregime sich diese Symbole zu eigen gemacht hat, ist für mich nicht relevant, weil ich für mich persönlich damit gar nichts verbinde“, schrieb er schon vor Wochen der taz. Er sei sehr heimatverbunden und seine Familie verbinde die Wolfsangel seit Generationen mit ihrem landwirtschaftlichen Betrieb, schrieb er. Der Stein habe schon dort gestanden, als er noch ein Kind war, betonte der Millionär. Vor drei Jahren ließ er den Stein erneuern.

Im vergangenen Jahr hatte Lindhorst mit einem Besuch kritische Nachfragen in der Gemeinde ausgelöst. Björn Höcke war gekommen, der thüringische AfD-Landtagsfraktions- und Landesvorsitzende. Vor 90 ausgewählten Besuchern durfte Höcke reden. Lindhorst habe als Privatmann den Privatmann Höcke eingeladen, hieß es nach der Veranstaltung.

Die Lindhorst-Gruppe ist seit vier Generationen in der konventionellen Landwirtschaft bundesweit tätig. Auf ihrer Webseite erklärt die JLW Holding AG, zu einem der „größten Agrarproduzenten in Deutschland mit Schwerpunkt in der Produktion von Pflanzen und regenerativen Energie“ zu gehören.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland

In der E-Mail an die taz hebt Lindhorst hervor, den geschichtsrevisionistischen Positionen Höckes nicht zuzustimmen. Der Millionär fordert aber Mahnmale für die Verbrechen der „Vertreter der Siegermächte“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen