Kolumne Der rechte Rand: Die AfD-Verlierer
Militant orientierte Rechtsextreme wie Christian Worch haben seit dem Erstarken des rechtspopulistischen Milieus in Deutschland an Einfluss verloren.
![Zwei Männer stehen vor einer Kreuzung. Einer trägt Trenchcoat und Schiebermütze, der andere eine braune Jacke. Zwei Männer stehen vor einer Kreuzung. Einer trägt Trenchcoat und Schiebermütze, der andere eine braune Jacke.](https://taz.de/picture/2688957/14/worch_2.jpeg)
O b er enttäuscht oder ermattet ist, verbittert oder verstimmt? „Nein“, antwortet Christian Worch auf Nachfrage der taz. Der Mann, der sich selbst als „Nazi“ bezeichnet und im Norden über Jahrzehnte die militante Szene vorangetrieben hat, hielt sich in den vergangenen Monaten mit öffentlichen Äußerungen und Aktionen zurück.
Zwar reihte Worch sich am 14. April in Dortmund bei den rund 600 Marschierenden von „Die Rechte“ ein. Der 62-Jährige trat aber vor den jüngeren Kameraden nicht als Redner auf. Früher wäre das kaum denkbar gewesen.
Die rechtsextreme Szene hat seit dem Erstarken des rechtspopulistischen Milieus in Deutschland an gesellschaftlicher Ausstrahlung verloren. Es gibt kaum Anhängerzuwachs, kaum Wahlerfolge. Worch hatte, nachdem in Hamburg die „Nationale Liste“ (NL) verboten wurde, die Organisationsidee der „Freien Kameradschaften“ mit entworfen. Das war über Jahre das Erfolgsmodell, um Jugendliche und junge Erwachsene für die „nationale Bewegung“ zu gewinnen.
Ob Bewegung oder Partei – Worch, der schon 1977 in Hamburg bei einer Aktion mit Eselsmaske und einem Schild mit der Aufschrift „Ich Esel glaube, dass in Deutschland Juden vergast worden sind“ teilnahm, ist da nicht dogmatisch. Das NL-Verbot 1995 hinderte ihn nicht daran, 2012 die Partei „Die Rechte“ zu gründen.
Im vergangen Jahr legte er den Bundesvorsitz jedoch nieder, kaum dass er wieder gewählt war. Auf dem Parteitag am 28. Oktober 2017 hatten die Mitglieder sich „uneingeschränkt zur deutschen Volksgemeinschaft bekannt“. Ein taktischer Fehler für Worch. Bei einem Verbotsverfahren würden sie auf „verlorenen Posten“ stehen, befürchtete er.
Aufmarsch abgesagt
Mit der Amtsniederlegung sank sein Einfluss. Über die Wahlchancen von „ Die Rechte“ macht Worch sich keine Illusionen. Er sieht die Arbeit anderer rechter Parteien als eine Ursache für den aktuellen Erfolg der AfD. Diese verkörpere „die Dritte Welle“, glaubt Worch.
Die erste Welle seien die Wahlerfolge der NPD in der 1960er-Jahren gewesen, die zweite Welle die Erfolge der „Republikaner“ (REP) und der „Deutschen Volksunion“ (DVU) bei einzelnen Wahlen. „Aller guten Dinge sind drei“, bemüht er eine Redensart. Bei der AfD sei es nun nicht mehr gelungen, sie gesellschaftlich so „völlig zu isolieren“ wie die NPD und die REP. Für die AfD sei es „halt ‚die Gunst der Stunde‘“, so Worch.
Eine Niederlage erlitt die Partei „Die Rechte“ gerade. Ihren Aufmarsch am Mittwoch in Göttingen musste sie absagen. Die Rechten sollen ihre Anhänger nicht mobilisiert bekommen haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?