: Andrea Zanzotto
■ Aus den "IX Ecloghe"
Die vom Wind entwurzelte Eiche
(in der Nacht des 15.Oktober MCMLVIII)
Auf dem Feld einer unbezwingbaren
Idee,
eines Abends, als der Wind alles war,
ja, alles, und mich mit seinem
Frost zur tiefsten Tiefe
jener Idee, jenes Traumes drängte,
borstige Gordio,
des Schwertes Schneide zu erschrecken.
In den Energie-Grund
der schwarzen Hemmung,
welche die Dinge mehr und mehr,
mehr und mehr zu Erde in der Erde wandelte.
Sieh: allzu nahe sind, Eiche, dir meine Kammern; widerstehe
nun am Saum, steh'
auch für all' mein
Versagen
..................
Wir fanden dich
durch die wüste Öffnung des Tages,
umgeworfen. In der Tiefe,
schattiger, üppiger Fülle
von Ruhe und Düften, die du bis heute gespendet,
bis zum niegeschauten Quell des Flusses,
bis zur phantastischen stammelnden Kindheit der Ahnen.
Zu unsern verworf'nen Füßen,
du, der du der Wipfel warst, zu dem
das Auge gleitet und die Zeit, sich auszuruhen.
Jetzt breitet die Sonne dürre Flügel
über das Land, wo du nicht mehr bist.
..................
Eiche, wie die Ernte
von Ziegeln und Glas, Verschwendung
auf Pflaster und Asphalt
— unsere nichtigen Schreie, unser nichtiges Verlangen —,
Eiche, erniedrigt zu meinen
Füßen, der ich vor dir kniee,
vergeblich, dich aufzurichten wie man dem ohnmächtigen
Vater hilft, vergeblich
hinabgebeugt, in dir auf
unser, in dir auf unser uraltes
nichtiges Verlangen, auf unsere nichtigen Schreie zu lauschen.
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