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AnalyseKosovo zerrissen

■ Die UCK will nicht mit der jugoslawischen Führung verhandeln

Gerade zwei Wochen ist es her, da berichtete die größte albanische Zeitung in Priština, Koha Ditore, daß die Kosovo-Albaner eine neue Koalitionsregierung gebildet hätten. Unter dem designierten Regierungschef und Generalsekretär der neuen Albanischen Demokratischen Bewegung, Mehmet Hajrizi, war auch die Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) mit zwei Ressorts im Kabinett vertreten. Der Führer der Albaner, Ibrahim Rugova, war einverstanden – angespornt durch die Stellungnahmen von Vertretern westlicher Staaten, die eine Einbindung der UCK gefordert hatten.

In dieser Woche nun häuften sich Meldungen über schwere militärische Niederlagen der UCK-Kämpfer. Und siehe da: Plötzlich will Ibrahim Rugova wieder mit Belgrad über eine politische Lösung verhandeln. Dazu hat er ein fünfköpfiges Team ernannt, dem Mitglieder der UCK nicht angehören. Doch was mindestens genauso schwer wiegt: Auch „Ministerpräsident“ Mehmet Hajrizi, im Verbund mit Vertretern der Parlamentarischen Partei, hat neuen Verhandlungen eine Absage erteilt. Überdies hat die UCK Adem Demaci, Symbol des kosovo-albanischen Widerstandes und einer der schärfsten Kritiker Rugovas, zu ihrem politischen Kopf ernannt. Sollte der Schulterschluß gelingen, dürfte die Spaltung der Kosovo-Albaner endgültig vollzogen sein.

Bezeichnend ist die Reaktion der westlichen Staaten. Österreichs Außenminister und derzeitiger EU-Ratspräsident, Wolfgang Schüssel, lobt die albanische Delegation als Voraussetzung für einen Dialog über den künftigen Provinzstatus. Es verwundert kaum, daß die neue Verhandlungsperspektive nur zu gut ins Konzept paßt, und das heißt: spielen auf Zeit in Ermangelung einer Lösung. Nur daß damit einige wesentliche Punkte außer acht gelassen werden. Sollte sich die Spaltung verfestigen, erhebt sich die Frage, inwieweit Rugova überhaupt legitimiert ist, im Namen der Kosovo-Albaner zu verhandeln. Und so könnte ein Ergebnis nicht einmal das Papier wert sein, auf dem es niedergelegt wird. Unklar ist zudem, wohin die Verhandlungen führen sollen. Die Kontaktgruppe hat am vergangenen Wochenende eine staatliche Unabhängigkeit Kosovos erneut abgelehnt. Auch die vermeldete EU-Initiative, die in Wahrheit nichts anderes ist als ein Arbeitspapier auf der Grundlage der Vorschläge der Kontaktgruppe, wiederholt nur diese Option. Jedoch, auch für Rugova, stets gerne mit dem Label „gemäßigt“ versehen, ist die Unabhängigkeit Kosovos nach wie vor unumstößliches Ziel. Bleibt letztlich die UCK selbst, auf die man, trotz zahlreicher Niederlagen, noch nicht den Abgesang anstimmen sollte. Und so steht fest: Lösungen sind derzeit nicht in Sicht. Dafür aber Reaktionen des „radikalen“ Flügels. Barbara Oertel

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